IV. Einzelne Staaten Enropa's. 1^1
Indien über Aegypten^ an sich und häufte unermeßliche
Schätze zusammen. Seine Eroberungen in Italien ver¬
lor es bald wieder; aber seine Bedeutung zur See und
seine Herrschaft über die Küsten und Inseln gegen Osten
blieb, bis der Seeweg nach Indien entdeckt war.
In Unteritalien wurde Konradins Blut bald furcht¬
bar gerächt. Die Franzosen nämlich verübten grenzen¬
lose Gewaltthätigkeiten und pflanzten überall eine tief wur¬
zelnde Erbitterung. Bei einem Feste nun in Palermo,
da die Einwohner schaarenweise unweit der Stadt zu
einer Kirche wallfahrteten, beschimpfte ein frecher Fran¬
zose eine edle Jungsran. „Nieder mit dem Buben!"
schrie der ergrimmte Vater. Er fällt; und unter dem
Geläute der Glocken erschallt weithin der Ausruf: „Nie¬
der mit den Franzosen!" Was aus dem Felde war, wurde
zu Bodeu gestreckt. Dann eilte das Volk zur Stadt, ver¬
schonte kein Alter und Geschlecht; uud durch gauz Sici-
lien verbreiteten sich die schauderhaftesten Mordscenen, bis
alle Franzosen, viele Tausende an der Zahl, ausgetilgt
waren. Dieß ist die sogenannte sicilische Vesper (1282).
Karl von Anjou, als er's erfuhr, kam außer sich vor
Schrecke«, biß zornig in seinen Stock uud rief aus: „So
will ich denn der Nachwelt ein Beispiel geben, worüber
alle Rebellen zittern sollen." Er belagerte mit einem
furchtbaren Heere Messina. Aber noch zur rechten Zeit
kam Peter von Aragon, mit dem längst insgeheim
unterhandelt worden war, und wurde zum König von
Sicilien gekrönt. Karl mußte weichen und behielt nur
uoch Neapel. Er starb, von Gewissensbissen gepeinigt.
Als sein Geschlecht 1435 erlosch, zankten sich Frankreich,
Lparnen und Sicilien um Neapel. Endlich eroberte der
spanische König Ferdinand der Katholische Sicilien
1479, und brachte 1504 auch Neapel durch Hinterlist
an sich. So blieben beide Sicilien 200 Jahre fang mit
Spanien vereinigt.