Object: Deutsche, besonders brandenburgisch-preußische Geschichte bis zur Gegenwart (Mittelkursus)

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Amt oder einen Titel erhielt, mußte eine bestimmte Summe in die 
Rekrutenkasse zahlen. 
3. Seine Sorge für das Heerwesen, a. Die Grüße und Zu¬ 
sammensetzung des Leerer. Friedrich Wilhelms Hauptforge uud 
besondere Liebe galt den Soldaten. Er hatte erkannt, daß Preußens 
Stellung und Entwicklung von feinem Heere abhänge; darum suchte 
er die Wehrkraft des Landes soweit als möglich zu verstärken 
und seine Truppen in steter Kriegsbereitschaft zu halten. Er brachte 
das Heer vou 38 000 auf 83 000 Mann, so daß auf ungefähr 
30 Einwohner ein Soldat kam. Infolgedessen war Preußen 1740 
feiner militärischen Macht nach der dritte oder vierte europäische 
Staat, während es seiner Größe nach an zehnter, seiner Bevölkerung 
nach erst an dreizehnter Stelle stand. 
Die größere Hälfte der Soldaten waren angeworbene Ausländer. 
Da diese aber meist wenig zuverlässig waren und die Werbung sehr 
viel Geld kostete, tat Friedrich Wilhelm den ersten Schritt zur 
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Schon früher 
hatten die adligen Hauptleute die Bauernföhne ihrer Güter in ihre 
Kompagnien eingestellt und nach etwa zweijähriger Dienstzeit be¬ 
urlaubt, um sie jährlich auf zwei Monate zu den Herbstübungen 
wieder einzuziehen. Im Jahre 1733 führte der König dieses System 
durch das Kantonreglement für den ganzen Staat ein. Das 
Land wurde in Bezirke (Kantone) geteilt, die für bestimmte Regi¬ 
menter die Rekruten zu stellen hatten. Die für den Heeresdienst 
ausgewählten Burschen mußten als Abzeichen eine rote Binde am 
Arme tragen. Die Wehrpflicht ruhte aber noch fast ausschließlich 
aus dem Bauernstande, da viele Städte und die Söhne der wohl¬ 
habenden Bürger, der evangelischen Geistlichen und höheren Beamten 
militärfrei waren. Die Dienstzeit der Landeskinder dauerte gewöhnlich 
zwanzig Jahre. Die angeworbenen Soldaten dienten, solange sie 
waffenfähig waren. Das Kantonreglement bildete bis nach 1807 
die Grundlage der preußischen Heeresverfasfuug. 
b. Die Ausbildung der sokdaten. Die Truppen wurden mit 
der peinlichsten Sorgfalt einexerziert. Fürst Leopold von Anhalt- 
Dessau, der „alte Dessauer", führte den eisernen Ladeftock, das 
Bajonett, den Gleichschritt, das gleichzeitige Abfeuern 
der Gewehre und die Aufstellung in drei Gliedern ein. 
Die Disziplin war sehr streng, und oft wurde die Prügelstrafe 
angewendet. Deshalb desertierten die Soldaten häufig. Die wieder 
eingebrachten Deserteure wurden zum „Spießruten- oder Gassenlaufen" 
verurteilt; im Wiederholungsfälle wurden sie erschossen. 
Das Kantonreglement Friedrich Wilhelms I. Atzler, Qu. Nr. 82.
	        
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