Full text: Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern (Teil 1)

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alles herrenlose Land, besonders die nicht zum Besitz des Dorfes ge¬ 
hörenden Wälder und die Wasserstraßen zu. Von dem übrigen Besitz¬ 
tum empfing der Herrscher seinen Anteil ebenso wie seine Volksgenossen. 
Infolgedessen ward er der reichste Großgrundbesitzer. Er erteilte 
indes den Anwohnern der öffentlichen Wälder wohl das Recht zu 
roden und vergab auch sonst von seinem Eigen an seine Freunde. 
Dergestalt erworbene Ländereien schieden aus dem Verbände der 
Markgenossenschaft und bildeten in Verbindung mit dem Privateigen¬ 
tum den Anfang der großen Güter, die ihren Besitzer für einen be¬ 
deutenden Teil derselben von dem Zwange der Dorfgemeinde befreiten. 
Jemehr aber die Güter an Zahl und Größe zunahmen, desto mehr 
ging der Besitz der freien Bauern zurück. Der Grund für diese Er¬ 
scheinung lag zunächst darin, daß den Landmann mancherlei öffent¬ 
liche Pflichten beschwerten, die ihn an der regelmäßigen und sorg¬ 
fältigen Feldarbeit hinderten. Er mußte gegen wilde Tiere und Räuber 
kämpfen, im Herren-(Fron-)dienste an der Herstellung öffentlicher 
Wege und Brücken arbeiten, dem Aufgebot des Königs zum Kriege 
wie zum Gerichte (Dinge) folgen u. s. w. Übertrat er die Gesetze, 
so waren Geldbußen die nächste Folge, und erfreute er sich einer zahl¬ 
reichen Familie, so zerfiel das Erbe bei seinem Tode in viele kleine 
Teile. Schlimmer aber als alle diese Hindernisse einer gedeihlichen 
Entwicklung des Bauernstandes war die Zuchtlosigkeit der Großen. 
Was die vielen Kriege der Franken mit äußern und innern Feinden 
dem Landmann noch übrig gelassen hatten, das verwüstete der Über¬ 
mut der hohen Herren und ihrer Krieger oft mitten im Frieden. Da 
konnte es denn nicht ausbleiben, daß eine Menge freier Bauern schlie߬ 
lich ohne Besitztum war, und daß viele im Drange der Not ihr Gut 
und Eigen einem mächtigen Herrn als Geschenk Übergaben und es 
dann als Zinsleute und Hörige von diesem pachtweise, meistens auf 
fünf Jahre, zurückempfingen. 
Trotz all' dieser Übelstände, deren schlimmster die Vermehrung der 
großen Guter und die Verminderung der kleinen Höfe war, blühte 
die Landwirtschaft auf. Sie empfing besondere Förderung durch die 
Großgrundbesitzer und die Klöster, die sich die Pflege des Obst- und 
Weinbaues, der Vieh- und Bienenzucht, der Forstwirtschaft u. s. w. 
eifrig angelegen sein ließen. 
Während der Großgrundbesitz mehr von den tieferen Waldgebirgen 
ausging, breiteten sich die Niederlassungen der Bauern von den breiten
	        
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