Full text: Vom großen Interregnum bis zur Reformation (Teil 2)

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Jahrhundert war sie aus eine kaum glaubliche Höhe gestiegen. Nicht 
bloß die Patricier und städtischen Würdenträger, sondern selbst gewöhn¬ 
liche Bürger trugen Perlen aus ihren Hüten, an ihren Wämsern, Hosen, 
Röcken und Mänteln, goldene Ringe an den Fingern, mit Silber be¬ 
schlagene Gürtel, Messer und Schwerter, selbst Gürtel von reinem Gold 
und Silber. Ihre Kleider waren mit Silber und Gold gestickt, die 
Stoffe von Sammet, Damaskat oder Atlas. Sie hatten zierlich ge¬ 
fältelte seidene Hemden mit goldenen Borten; an Mänteln uud Röcken 
Unterzug und Umschlag von Zobel, Hermelin und Marder. Die Bürgers¬ 
frauen und ihre Töchter durchslochten ihre Zöpfe und Locken mit reinem 
Gold, umhingen sich mit Geschmeide und trugen Perlen, goldene Kronen 
oder gold- und perlengestickte Hauben auf dem Kopse. Ihre mit Gold 
oder Perlen durchwirkten Kleiderstoffe waren noch kostbarer als die der 
Männer; golddnrchwirkte Hemden galten als ,ehrbare Frauentracht*. 
Mit Recht rügte der große Volksprediger Geiler von Kaisersberg 
die Narrheit der Weiber, die an ihrem Körper an Kleidern und 
Kleinodien auf einmal oft über drei- oder vierhundert Gulden trügen 
und in ihren Schränken oft für mehr als 3000 Gulden zum Schmucke 
bärgen. Johannes Butzbach, der Klosterprior von Laach, war in seiner 
Jugend Schneiderlehrling. Aus dieser Zeit erzählt er: ,Wir wurden 
gedrängt, nicht aus einfachem, sondern aus vielfarbigem Tuche auch die 
geringfügigsten Kleidungsstücke anzufertigen. Wir mußten, als wären 
wir Maler, aufs sorgfältigste Wolken, Sterne, Mauen Himmel, Blitze, 
Hagel, ineinander verschlungene Hände darauf sticken; außerdem noch 
Würfel, Lilien, Rosen, Bäume, Zweige, Stämme, Kreuze, Brillen, sowie 
andere endlose Thorheiten mehr, wie deren das geräuschvolle höfische 
Leben aus Leichtfertigkeit und Thorheit täglich neue aufbringt. Die 
kostbarsten Stoffe wurden dazu verwendet: Scharlach, englischer Stauet, 
Wollentuche von Lüttich, Rouen, Greuoble, Brügge, Gent, Aachen und 
andere noch kostspieligere; an Seidenstoffen aber Sammet, Damast, 
Schamelott, mit Rosen m Plattstich verziert, Zandel und Zandelin/ 
Die Mode wechselte oft; Conrad Celtes sagt darüber: ,Dte Form 
ihrer Kleider ist sehr veränderlich, je nachdem die verschiedenen Völker, 
mit denen sie (die Nürnberger) Handel treiben, Einfluß ausüben. Bald 
tragen sie nach Weise der Sarmaten ein weites und faltiges Gewand 
mit Pelzwerk, bald eine ungarische Jacke und darüber einen italienischen 
Mantel, dann nach französischer Mode Röcke mit Anschlägen und 
Manschetten/
	        
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