Full text: Vom großen Interregnum bis zur Reformation (Teil 2)

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und in Felder geteilt; die Wände sind entweder mit einer Holztäfelung 
versehen, die ebenfalls reiches Schnitzwerk ausweist oder mit kunstvollen 
Teppichen verhängt. Die Fenster bilden tiefe Nischen in den dicken 
Mauern und sind aus kleinen runden oder viereckigen, in Blei gefaßten 
Scheiben gebildet, die entweder in der Mitte erhöht (Butzenscheiben) 
oder bunt bemalt sind und mannigfache Wappenschilder in verschiedenen 
Farben zeigen. Die eine Wand ziert ein großer Kamin, dessen Gesims 
mit mancherlei Krügen, Leuchtern u. s. w. bestellt ist. Rings an den 
Wänden ziehen sich Bänke hin, mit Kissen oder Decken belegt. Der 
große Tisch, meistens auf gekreuzten Beinen ruhend, wird zur Essens¬ 
zeit mit einem Tischtuch bedeckt, das in Falten bis zur Erde herab¬ 
reicht. Einzelne Stühle mit geschweiften Lehnen, auch wohl mehrsitzige 
Bänke mit Rücklehnen füllen das Zimmer. An der Wand erblickt man 
Börte und Gesimse (Trefnren), die mit thönernen, krystallenen, zinnernen, 
auch wohl goldenen und silbernen Schalen, Krügen und Leuchtern be¬ 
setzt sind. Ebenso finden sich diese Gerätschaften ans dem geräumigen, 
kunstvollen Anrichttisch und dem Schrank. Eine festverschlossene Truhe, 
die zugleich einen gepolsterten Sitz darbietet, steht neben dem Kamin. 
Zur Beleuchtung dient ein kunstvoller, aus Holz geschnitzter oder zinnerner, 
auch wohl messingener Leuchter, der von der Decke herabhängt und mit 
Wachslichtern besteckt ist." 
Eine Staunen erregende Pracht fand man in dem Hause des reichen 
Kaufmanns Anton Fugger in Augsburg. Seine Familie entstammte Fracht, 
der Ortschaft Graben bei Schwabmünchen nnd erwarb ihren Unterhalt 
durch A cf erwirtschaft und Weberei. Im Jahre 1368 war Johannes 
Fugger, ein Sohn des Webers in Graben, nach Augsburg gewandert, 
wohin ihm 1376 sein Bruder Ulrich folgte. Beide betrieben ihr Ge¬ 
schäft dort mit solchem Erfolge, daß Johannes durch Heirat in die 
Verwandtschaft der Ratsfähigen kam, später selbst Mitglied des großen 
Rates und Freischöffe der heil. Feme wurde und 1409 mit Hinter¬ 
lassung eines Vermögens von 4000 Gulden starb. 
Seinen ältesten Sohn, Namens Andreas, nannte man in Augsburg 
bereits den ,reichen Fugger1. Dessen Nachkommen verlieh Kaiser Fried¬ 
rich III. das erste Familienwappen, ein goldenes Reh im blauen Felde. 
Die Familie der »Fugger vom Reh‘ erlosch 1583. In unsern Tagen 
blüht noch das Geschlecht der Fugger, das seinen Ursprung von dem 
jüngeren Sohne des Johannes ableitet. Er hieß Jakob und wurde 
ut Augsburg Zunftmeister der Barchentweber. Unter den zehn Kindern
	        
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