Full text: Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt (Teil 3)

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Vernichtung des Wohlstandes einer ehedem blühenden Stadt; Ver¬ 
nichtung der bürgerlichen Freiheit ihrer Bewohner; Verwirrung und 
Verwilderung der Sitten auch für kommende Zeiten. 
Das Täufertum reicht in feinen Anfängen weit über die Zeit des 
Auftretens Luthers hinaus. Auch in der Folge entwickelt es sich nicht 
nur unabhängig von Luthers Lehre, sondern in bewußter Gegensätzlich¬ 
keit zu feinen Ansichten über Glauben und Sitte, über kirchliche und 
staatliche Verfassung. Das Täufertum findet bei den Protestanten wie 
bei den Katholiken dieselbe Verurteilung, dieselbe Bekämpfung. Wie 
ein kaiserliches Mandat vom 4. Januar 1528 die Wiedertaufe mit dem 
Tode bedrohte, so erging im Jahre 1529 ein Beschluß der auf dem 
Reichstage zu Speier versammelten katholischen und protestantischen 
Reichsstände dahin, „daß die Lehrer der Täufer auch ohne vorher¬ 
gehenden Spruch des geistlichen Gerichtes zum Tode durch Feuer und 
Schwert gebracht werden dürften." 
Luther ist persönlich allezeit ein grundsätzlicher Gegner des Täufer- 
tums gewesen. Die kirchlich-religiösen Sehmeinungen der Täufer er¬ 
schienen ihm irrig und verwerflich; ihre politischen Ansichten galten ihm 
als unvereinbar mit der Lehre und der Geschichte des Christentums; 
ihre Weltverbesserungspläne dünkten ihn auch für den bloßen Versuch 
ihrer Verwirklichung verderblich für das Heil der Menschheit; in dem 
Auftreten der Täufer erblickte er eine unmittelbare Gefahr für das Ge¬ 
deihen feines eignen Werkes. „Ich habe — so äußerte er sich — nur 
drei gefährliche Feinde gehabt: Münzer, Karlstadt und das oberdeutsche 
Täufertum." 
Das Gottesreich der Wiedertäufer zu Münster ist schließlich —■ ab¬ 
gesehen davon, daß es von vornherein den Keim des Todes in sich 
trug — einem Bündnisse katholischer und protestantischer Machthaber 
erlegen, die, ohne für einander die Grundlage einer Verständigung zu 
finden, in dem Täufertum lediglich den gemeinsamen Feind bekämpften, 
den sie vernichten zu müssen glaubten, um die eignen Ansichten über 
Kirche und Staat von jeder Gefährdung von dieser Seite her zu befreien. 
Gust. Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit. Bd. II. Leipzig 1867. 
— Karl Lainprecht: Deutsche Geschichte. 5. Bd., 1. Hälfte. Berlin 1894. 
— I. Freundgen: Geschichtliche Bilder und Vortrüge. Leipzig 1896.
	        
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