Full text: Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. (Teil 4)

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aber bedeutsame Wort Zeugnis dafür ablegt, daß er in der 
Verwirrung aller Köpfe klar mit) rubig blieb und das Richtige 
erkannte. Nach den Tagen von Auerstädt stand er an der 
Spitze von Blüchers Generalstabe; in Lübeck gefangen, 
aber rasch ausgewechselt, hatte er hervorragenden Anteil an 
den rühmlichen Thaten, durch die der kleine Rest der Armee in 
dem Winterfeldzuge von 1807 die Scharten der vorausgegange¬ 
nen Tage ausgewetzt hat. Wenige Tage nach dem Frieden er¬ 
folgte seine Ernennung zum Generalmajor ltud seine Berufung 
in die organisierende Kommission. 
Eine glücklichere Wahl ließ sich nicht treffen, vier ver¬ 
einigte sich, wie bei Stein, das reichste theoretische Wissen mit 
praktischer Tüchtigkeit und zäher, ausdauernder Willenskraft; 
Scharnhorst war nichts durch äußere Verhältnisse und die Guust 
des Zusalls, alles durch sich selber; eine jener klaren, festen, 
in fich fertigen Naturen, an denen nichts blendet und besticht, 
deren Gediegenheit aber überzeugt und bezwingt. Die ihm am 
nächsten standen, rühmen seinen ruhigen, scharfen und durch¬ 
dringenden, aber wenig beweglichen, nie hin und her hüpfen¬ 
den Verstand, seine schmucklose Weise, der die Gabe des raschen, 
beredten Wortes abging, seine Unabhängigkeit von Autoritäten, 
sein nüchternes, von allem Phantastischen freies Erfassen der 
Tinge und Menschen, wie sie in Wirklichkeit waren. Es war 
ein Geist, der, wie Clausewitz trefflich sagt, edle Früchte still 
zeitigen, aber nicht wie andere mit Blüten prangen konnte. 
Boyen versicherte, er habe unter den vielen zum Teil sehr her¬ 
vorragenden Männern, denen er näher gekommen, manche ge-' 
sunden, die in einzelnen Anlagen oder Zweigen des Wissens 
überlegener waren oder ihre geistigen Mittel besser geltend zu 
machen wußten, aber es sei ihm keiner begegnet, dessen Worte 
und .Handlungen so wie bei Scharnhorst immer nur die Ergeb¬ 
nisse eines vorhergegangenen ruhigen Denkens waren, keiner, 
der sich und seine Äußerungen so zu beherrschen verstand, keiner, 
der einer so großen persönlichen Resignation sähig gewesen wäre, 
und endlich keiner, der bei anscheinend weichen, selbst vernach^- 
lässigten Formen einen so unerschütterlich festen Willen in feiner 
Brust trug. 
Es ist ein seltenes Glück, weuu eine junge Institution, wie 
das preußische Heer, das jetzt neu gebildet werden sollte, von
	        
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