Full text: Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. (Teil 4)

Steuer¬ 
reform. 
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Kreiseingesessene) zur Seite gestellt. Die einzelnen Kreise 
einer Provinz wurden sodann zu einem Provinzialland- 
tage zusammengefaßt; jeder Kreis entsendet in denselben seine 
Abgeordneten nach Maßgabe der Bevölkerungszahl. An die 
Spitze derselben trat der auf 6—12 Jahre gewählte und vom 
Könige bestätigte L a n d e s d i r e k t o r und ein Provinzial¬ 
ausschuß. Dem die Staatsaufsicht über die Provinz und 
die staatliche Verwaltung führenden Oberpräsidenten ward 
ein P r o v i u z i a l r a t unter feinem Vorsitze zur Seite ge¬ 
setzt, iu welchen der Provinzialausschuß 5 Mitglieder schickte, 
während außerdem noch ein höherer Verwaltungsbeamter hin¬ 
zutrat. In ähnlicher Weise wurde dem Regierungsprä¬ 
sidenten, der an der Spitze der Bezirksregierung die terri¬ 
toriale Verwaltung leitet, ein Bezirksausschuß sür ge¬ 
wisse Angelegenheiten beigeordnet, der außer dem Präsidenten 
selbst noch aus zwei vom Könige auf Lebenszeit ernannten und 
aus vier vom Provinzialansschuffe aus den Bezirkseingesessenen 
gewählten Mitgliedern besteht*). 
Während in den übrigen Staaten Europas die indirekten 
steuern den Hauptbestandteil des staatlichen Einkommens ans 
Steuermitteln ausmachten, hatte Prenßen die direkten 
Staatsstenern vornehmlich ausgebildet; im Jahre 1877 kamen 
aus diesen pro Kopf der Bevölkerung 5,88 Mark ein, aus den 
indirekten nur 0,95 Mark. Die M a h l - und S ch l a ch t st e u e r 
war bereits 1873 größtenteils aufgehoben worden. Auch 
die Gemeinde abgaben, die meist in einem Zuschlag zu 
deu Staatssteuern bestanden, waren der Hauptsache nach direkte 
Abgaben. Nachdem das deutsche Reich gegründet war, ward 
ihm die indirekte Besteuerung durch Zölle und Verbrauchssteuern 
vornehmlich überlassen; der Einzelstaat konnte nur auf dem 
Wege einer Reform der direkten Steuer Verbesserungen ein¬ 
führen. Der socialen Entwickelung trug auch hierin die preußische 
Regierung Rechnung, indem sie darauf ausging, die unteren 
Volksklassen, vornehmlich die Arbeiter, zu entlasten. Die di¬ 
rekten Steuern wurden auch deshalb besonders schwer empfun¬ 
den, weil im Falle der Nichtbezahlung der Exekutor mit Ab- 
*) Obige Verwaltungsordnung gilt noch heute, soweit sie nicht durch 
die am 1. April 1892 eingeführte Landgemeindeordnung, welche die Selbst¬ 
verwaltung noch weiter auf das platte Land ausdehnte, geändert worden ist.
	        
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