Full text: Römische Geschichte bis 133 v. Chr. (H. 4)

10 B. Die Zeit der Stänöefämpfe und der Unterwerfung Italiens 
nannten Rostra auf dem Markte getragen, und zwar bisweilen stehend, 
für aller Rügen sichtbar, selten in liegender Stellung. Ringsum schart 
sich dort das ganze Volk, und wenn der Tote einen herangewachsenen 
Sohn hinterlassen hat und dieser gerade anwesend ist, so besteigt er die 
Rostra, anderenfalls tut es irgendein Mitglied seines Geschlechtes. Dieser 
preist dann die Tugenden des verstorbenen und die Taten, die er bei 
Lebzeiten vollbracht hat. So erinnert sich die Menge jener Ereignisse 
und stellt sie sich wieder vor Hugen, und zwar nicht nur diejenigen, die 
bei seinen Taten mitgewirkt, sondern auch die, die keinen Anteil daran 
gehabt. Dabei steigert sich das Mitgefühl so, daß der Todesfall nicht 
nur für die Leidtragenden einen Verlust, sondern für das ganze Volk 
ein gemeinsames Unglück zu bedeuten scheint. Wenn dann die Bestattung 
vollzogen und die üblichen Bräuche beobachtet worden sind, stellt man 
ein Bild des verstorbenen an einer möglichst sichtbaren Stelle des Hauses 
auf und umgibt es mit einem hölzernen Tempelchen. Das Bild ist eine 
Maske, die den Zügen des verstorbenen nach 5orm und $arbe mit gro¬ 
ßer Treue nachgebildet ist. Bei öffentlichen ©pferfesten decken sie diese 
Bilder auf und schmücken sie sorgfältig. Stirbt ein verwandter in her¬ 
vorragender Stellung, so führen sie die Masken bei dem Leichenbegäng¬ 
nis mit, und zwar legen sie sie Leuten an, die vermöge ihrer Größe und 
ihrer sonstigen Körpergestalt möglichste Ähnlichkeit zu haben scheinen. 
War der verstorbene Konsul oder Prätor, so tragen diese mit Purpur 
verbrämte Gewänder, ganz purpurne, wenn er Tensor war - hatte er 
einen Triumph gefeiert oder eine entsprechende Tat vollbracht, so hüllen 
sie sich in goldgestickte Kleider. Sie selbst fahren auf tDagen; Ruten¬ 
bündel, Beile und die anderen herkömmlichen Hbzeichen der einzelnen 
Ämter werden, entsprechend dem Range der Stellung, die der verstorbene 
bei Lebzeiten im Staate eingenommen, voraufgetragen. Sobald sie zu 
den Rostra gelangt sind, lassen sich alle der Reihe nach auf elfenbeiner¬ 
nen Stühlen nieder. Wenn dann der Sprecher für den eben zu bestatten¬ 
den Toten seine Rede über ihn beendet hat, fängt er an, von den anderen 
zu sagen, und zwar beginnt er mit dem Ältesten der Anwesenden und er¬ 
zählt von eines jeden Glück und (Erfolgen. Indem man so stets die (Er¬ 
innerung an den Ruf, den sich wackere Männer erworben haben, er¬ 
neuert, wird der Ruhm derer, die eine bedeutende Tat vollbracht, un¬ 
sterblich, wird der Itame der Wohltäter des Vaterlandes der Menge 
bekannt und nachfolgenden Geschlechtern überliefert, vor allem aber 
werden dadurch die Jünglinge angespornt, im Dienste des Vaterlandes 
alles auf sich zu nehmen, um so des Ruhmes teilhaftig zu werden, den 
nur tüchtige Männer erlangen.
	        
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