Full text: Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts

— 225 — 
Während des badischen Feldzuges kcim Roon mit dem Prinzen 
Wilhelm von Preußen, dem nachmaligen Könige, in Berührung 
und trat ihm in den fünfziger Jahren als Oberst in Köln noch 
näher. 
Im Jahre 1859 berief ihn der Prinzregent Wilhelm zum Kriegs¬ 
minister. Ihm verdanken wir besonders die Umgestaltung und Ver¬ 
vollkommnung unseres Heeres, das seinesgleichen in der Welt nicht 
hat. Schon vorher hatte Roon die Schäden des damaligen Heer¬ 
wesens klar erkannt und im Jahre 1858 dem Prinzregenten den Ent¬ 
wurf einer neuen Heerordnung vorgelegt. Dieser Entwurf bildete nun 
die Grundlage der Umgestaltung, wodurch die Armee, welche bis dahin 
nur 138000 Mann stark gewesen war, mit der Reserve auf 545 000 
Mann anwuchs; dazu kamen noch die Artillerie und die Pioniere. 
Wie wir früher schon hörten, war durch die Änderung eine Schonung 
der älteren Jahrgänge der Landwehr ermöglicht. Roons edle Absicht 
geht aus seinen Worten klar hervor: „Es sollen die jüngeren Brüder 
zuerst ihre Haut zu Markte tragen, bevor die Familienväter an die 
Reihe kommen, bevor sie das letzte einsetzen für die Rettung und Un¬ 
abhängigkeit des Vaterlandes." Die herrlichen Früchte dieser Ver¬ 
besserung zeigten sich zuerst in den Kriegen gegen Dänemark und 
Österreich. Die größten Triumphe feierte Roon aber im deutsch¬ 
französischen Kriege, in welchem mit bewunderungswürdiger Schnellig¬ 
keit ein schlagfertiges Heer von über 1 Million Streitern an Frank¬ 
reichs Grenzen stand. 
Kaiser Wilhelm kargte nicht mit Dankesbezeugungen gegen seinen 
verdienten Minister. Am Tage des Einzuges der siegreichen Truppen in 
Berlin im Jahre 1871 wurde Roon in den erblichen Grafenstand 
erhoben. 
Weihnachten desselben Jahres übersandte Kaiser Wilhelm ihm seine Bronze¬ 
büste und schrieb dabei: „Ich muß am Schlüsse des Jahres, das uns nach zwei 
blutigen Jahreskämpfen einen ruhmvollen Frieden brachte, der Hand gedenken, 
welche die Waffen schärfte mit geübtem Blick und unermüdlicher Ausdauer, mit 
der Preußens Heer überall siegte und unvergängliche Lorbeeren sich und dem 
Vaterlande erkämpfte. Empfangen Sie als ein Zeichen meiner innigsten Dank¬ 
barkeit am heutigen Weihnachtsfeste die Züge dessen, der nie aufhören wird, sich 
Ihrer Mühe zu erinnern!" 
Nachdem Roon noch am 1. Januar 1873 zum General-Feld- 
marschall ernannt worden war, nahm er wegen schwerer körperlicher 
Leiden im Dezember seine Entlassung. Er starb am 23. Februar 1879, 
nachdem 2 Tage vorher der Kaiser seinen treuen Diener noch mit 
einem Besuche erfreut hatte. 
Ewig eingeschrieben in die Herzen der Deutschen sollen bleiben 
die Namen der drei Diener und Freunde des großen Kaisers: Bis¬ 
marck, Moltke und Roon! Ohne ihre Treue und Hingebung wäre die 
lang ersehnte und endlich errungene Einigung der Deutschen vielleicht 
heute noch ein schöner Traum. 
15
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.