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In solcher Absicht kam auch der fromme Bischof Adalbert von Prag
in das Land. Anfangs fand er freundliche Aufnahme, aber als er
einmal, wahrscheinlich ohne es zu wissen, einen heiligen Wald betrat,
überfielen ihn einige Priester im Schlaf und töteten ihn. Dies
schreckte aber andere fromme Männer nicht ab, sich an dasselbe
Unternehmen zu wagen.
Die Polen, Nachbarn der Preußen, waren schon zum Christen¬
tum übergetreten, und ein Herzog von ihnen forderte die deutschen
Ritter auf, nach Preußen zu kommen und das Volk desselben zu
bekehren. Dies that er nicht aus frommem Eifer, sondern weil die
Polen allein die tapferen Preußen von ihrem Gebiet nicht abwehren
konnten. So sandte denn der Hochmeister des Ordens, Hermann
von Salza, 28 Ritter mit 100 Begleitern unter Führung des Land¬
meisters Hermann Balk in das Preußenland. Ihre Zahl vermehrte
sich bald, denn viele Fürsten, Grasen und Herren von Adel strömten
mit ihren Scharen dem Ordensheere zu, teils weil der Kamps mit
den Heiden für eine verdienstliche christliche That galt, teils weil
es ein Beweis großer Tapferkeit war, sich den gefahrvollen Kämpfen
zu widmen. Die jüngeren Herren von Adel waren stolz darauf,
wenn sie später gefragt, wo und durch wen sie den Ritterschlag er¬
halten hatten, antworten konnten: Von den Ordensherren in Preußen.
Gleichwohl war die Unterwerfung des Volks eine schwere Aufgabe
für den Orden, kämpften die Preußen doch um ihre Freiheit und um
ihren Glauben.
Wenn ein Strich Landes von den Rittern erobert war, wurden
die Besiegten in einen Teich getrieben und von den blinkenden
Schwertern der Sieger umgeben mit Taufwaffer benetzt, worauf sie
für Christen galten, es aber nicht waren, und um so weniger, da sie die
Sprache der deutschen Priester nicht verstanden und bei den heiligen
Gebräuchen sich nichts denken konnten. Die Heiligtümer der Preußen
wurden zerstört und christliche Kirchen gebaut, welche die Neu¬
bekehrten besuchen mußten. In dem eroberten Gebiet legten die Ritter
zu ihrem eigenen Schutz Burgen an, und die Preußen wurden genötigt
sie zu bauen. Überdies wurden sie durch ihre alten Priester zur Vertrei¬
bung der Feinde angestachelt; sie zogen von Hütte zu Hütte und bedroh¬
ten das Volk mit dem Zorne der Götter, wenn sie nicht die fremden Ritter
vertrieben. Da berieten sich denn die Männer bei nächtlicher Weile in den
Wäldern, und plötzlich erschienen sie wohlgerüstet vor den Burgen, und
mochten auch Hunderte von ihnen den Waffen der Ritter erliegen, sie