Full text: Geschichten aus der Geschichte

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stürmten die Thore und opferten ihrer Wut alles Lebendige. So mußte 
jedes Gebiet mehrmals erobert werden, ehe die Ritter ihren Besitz für 
gesichert halten konnten. Hätten die elf Gaue der Preußen gleich 
von Anfang gemeinschaftliche Sache unter sich gemacht, so wäre es 
den Deutschen noch viel schwerer geworden, das mutige Volk zu 
unterwerfen, aber sie hatten es immer nur mit einem oder einigen 
Gauen zu thun; die anderm, welchen die Gefahr noch nicht nahe 
war, ließen ihre Landsleute allein kämpfen. Erst nach vielen Kriegs¬ 
jahren, als das ganze Land schon mit Ritterburgen bedeckt war, 
schloß der größte Teil der Gaue heimlich einen Bund. Während 
es nun schon längst im Volke gürte, beschleunigte die grausame 
That eines ritterlichen Gebietigers den Ausbruch der Empörung. 
Der Vogt der Burg Lenzenberg lud einmal mehrere Edele der 
Preußen zu einem Gastmahl bei sich ein. Plötzlich erlöschen die 
Fackeln und im Dunkeln wird ein Mordanfall auf den Vogt ge¬ 
macht, gegen den ihn indessen seine Rüstung schützt. Nachdem wieder 
Lichter angezündet waren, fragte er seine Gäste, welche Strafe der 
Missethäter verdiene. Die Preußen antworteten: „Den Feuertod!" 
Bald darauf lud der Vogt dieselben Gäste und uoch andere preußische 
Edele auf seiue Burg; während des Gastmahls aber verläßt er den 
Saal, alle Ausgänge werden geschlossen uud die Burg angesteckt; 
keiner der Gäste entging dem Feuertode. Da leuchteten bald überall 
brennende Burgen, und bewaffnete Scharen von rachedurstigen 
Preußen schienen wie aus dem Boden zu wachsen. Der Orden 
stand in größter Gefahr, um alle Früchte seiner vieljährigen Kämpfe 
zu kommen, und der Krieg blieb lange unentschieden. Doch schlie߬ 
lich fiel der Sieg dem Orden zu; für die gefallenen Preußen war 
nicht hinlänglicher Ersatz aufzutreiben, während, wenn die Reihen 
der Ritter durch eine Niederlage gelichtet waren, alsbald wieder 
Zuzug kam. Als der Anführer der Preußen sah, daß sie nichts 
mehr zu hoffen hätten, verwüstete er selbst mit einer Schar von 
Genossen die Grenzdörser, die bis dahin ihre Heimat gewesen, und 
traurig zogen sie dann, die letzten Preußen in Waffen, über die 
Grenze zu den stammverwandten Litauern, um dort bei Glaubens¬ 
genossen eine neue Heimat zu finden. 
Gleich nach den ersten Eroberungen der Ritter waren viele 
deutsche Bauern nach Preußen übergesiedelt und hatten dort an dem 
Fuße uud unter dem Schutze der Burgen ihren Wohnsitz auf¬ 
geschlagen. Der Orden sah es gern, da sie die Erhaltung seiner
	        
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