— 150 —
liche Gaben unter die Jugend verteilt hätte. Auch nachdem die
Gatten König und Königin geworden, suchten sie das anmutige Paretz
gern auf, und die Leutseligkeit und der Wohlthätigkeitssinn der.
Königin erhielten sich durch ihr ganzes Leben. Nach ihrer Krönung
schrieb sie einmal an eine Freundin: „Ich bin Königin und was
mich dabei am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich meine Wohl¬
thaten nicht mehr so ängstlich abzumessen brauche." Dabei verfuhr
sie fo freigebig, daß sie nach einigen Jahren dreimal soviel Schulden
hatte als ihr Jahresgehalt betrug; sie sagte: „Ich muß überall
helfen, wo es not thut," und der König hatte oft die geleerte Schatulle
von dem Seinigen wieder zu füllen.
Daß eine solche Mutter ihre Kinder sorgsam und weise erzog,
versteht sich von selbst; auch erkannte sie bald in den Kindern ihre
eigenen edelen Neigungen. In einem Briefe schrieb sie: „Es ist
mein heißester, mein liebster Wunsch, meine Kinder zu wohlwollenden
Menschenfreunden zu machen; auch nähre ich die frohe Hoffnung,
diesen Zweck nicht zu verfehlen." Ihr ältester Sohn war der nach¬
malige König Friedrich Wilhelm IV., der zweite der Kaiser Wilhelm I.
Preußens Anglücksjahre.
Über Frankreich herrschte der Kaiser Napoleon. Ihm war es
nicht an seiner Wiege gesungen, daß er dereinst auf einem Throne
sitzen würde, denn er war nur der Sohn eines Edelmanns in
Korsika und durfte höchstens hoffen, französischer General zu
werden. Was ihm den Weg zum Throne bahnte, war die Revolution
(Umwälzung), welche im Jahre 1789 in Frankreich ausbrach. Unter
den Königen Ludwig XIV. und XV. besand sich das Volk in einer
sehr traurigen Lage. Während die Könige und nach ihrem Beispiel
der größte Teil des Adels der Schwelgerei und Üppigkeit sröhnten,
lebte das niedere Volk in bejammernswertem Elend. Endlich machte
sich seine Not in Gewaltthaten Luft. Die ersten Änderungen der
Staatsordnung waren wohlberechtigt und man hielt sie anfangs
allgemein für das Morgenrot einer viel besseren Zeit, welche auch
den andern Staaten zum Segen gereichen würde. Aber Leidenschaft
und Ehrgeiz bekamen bald die Oberhand, alltäglich wurde Bürger¬
blut von Bürgerhänden in Strömen vergossen, selbst der gute, aber
solchen Stürmen nicht gewachsene König Ludwig XVI., der damals
auf dem Throne war, wurde schmählich hingerichtet. Da ging alles