— 153 —
vor dem sich kein anderes fürchten durfte. Dazu kam die Forde¬
rung einer erschrecklichen Summe Geldes; so lange es nicht bis
auf Heller und Pfennig erlegt wäre, sollten die Festungen von
französischen Garnisonen besetzt bleiben, welche von dem bereits
ausgesogenen Lande reichlich genährt werden mußten.
Die Gesundheit der Königin, die schon von den traurigen Er¬
lebnissen der letzten Zeit stark angegriffen war, litt unter dem Ein¬
fluß der kalten, feuchten Luft in Memel, sie sehnte sich nach Königs¬
berg zurück, und nachdem die Franzosen diese Stadt verlassen hatten,
siedelte die königliche Familie dorthin über. Sie wohnten nahe
der Stadt in einem einfachen Hause, zu dem ein großer Park ge¬
hört. Dieser Landsitz heißt seitdem Luisenwahl und ist mit einer
schönen Marmorbüste der Königin geschmückt. Als Kaiser Wilhelm I.
einmal in Königsberg war, besuchte er den Garten und das Haus,
worin er einen Teil seiner Knabenzeit gelebt hatte, und erzählte
seiner Umgebung, wie oft er im Schlafzimmer bei nächtlicher Weile
von Grauen ergriffen gewesen, wenn er das Lausen und Nagen
der zahlreichen Mäuse über der hölzernen Decke zu hören bekam.
So einfach war die Wohnung! Die Königin sah hier gern geist¬
volle und vaterlandsliebende Männer um sich; da wurden dann
Gespräche über die Ereignisse geführt, welche die Hoffnung auf eine
bald wieder besser werdende Zeit wach erhielten, oder über einzelne
Stellen belehrender Bücher. Trotz ihrer sehr geschmälerten Mittel
unterstützte sie auch hier kranke oder arme Menschen reichlich. Und
wie in edelen Gemütern schweres Unglück häufig statt verzagt zu
machen, die Kraft hat, Geist und Gemüt zu erhöhen, so war es
auch bei Luise; unter ihren Sorgen und Schmerzen befestigte sich
noch ihr Gottvertrauen. Doch an ihren Körperkräften nagten die
steten Aufregungen, der Wechsel zwischen Hoffen und Fürchten
schon lange.
Endlich war Preußen von den französischen Truppen verlassen
und das Königspaar begab sich nach Berlin. Luise schrieb an ihre
Schwester: „So werde ich denn bald wieder in Berlin sein und
zurückgegeben so vielen treuen Herzen, welche mich lieben und
achten." Es war am 23. Dezember, gerade an demselben Tage
und in derselben Stunde, wo sie vor 16 Jahren als Braut in die
Residenz eingezogen war, als sie unter dem Geläute der Kirchen¬
glocken und den herzlichsten Zurufen vor dem königlichen Palais
aus dem Wagen stieg. Der Magistrat bat König und Königin am