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Zu dieser Zeit vollendeten die Römer einen riesigen Grenzwall 
ihres Reiches aus Türmen, Burgen, Wallmauern und Gräben bestehend, 
der sich an jene Militärstraße anlehnte, welche sich seit Drusus Zeiten 
durch Deutschland hinzog. Diese Riesenbauten erschienen spätern 
Jahrhunderten wie von dämonischen Kräften aufgerichtet, und die 
Nachwelt nennt noch heute die Ruinen jener Wunderstraße Teufels¬ 
mauern. 
Länger als ein halbes Jahrhundert hindurch hatten die Ger¬ 
manen in Frieden gelebt, als wieder einzelne Stämme in römisches 
Gebiet einfielen. Zunächst mochten diese Kriegszüge dort wenig Be¬ 
denken erregen, bis sie als eine große Vereinigung vieler Völker zu 
ernsten Befürchtungen Anlaß gaben. Bald überfluteten germanische 
Heeresmassen die römischen Lande 166-180 n. Chr., besonders 
Pannonien (Ungarn), und voll abergläubischer Furcht trieb man auf 
Rat eines egyptifchen Wahrsagers zwei Löwen über die Donau, um 
die Deutschen zu erschrecken. Diese hielten die Löwen für Hunde und 
schlugen sie mit Knütteln tot. Aber in der darauf folgenden Schlacht 
töteten sie 20,000 Römer. 
Langsam aber sicher erstarkte in Deutschland das Bewußtsein eines 
sittlichen Uebergewichts über die Römer, und die in jugendlicher Kraft 
sich vermehrende Bevölkerung begann sich naturgemäß auszubreiten. 
Auch die Slavenwelt im Osten von Europa begann sich zu recken und 
gleich den Germanen zn fühlen, daß dem Mutigen die Welt gehöre. 
Dazu mochte die ewige Sehnsucht, welche die nordischen Bewohner 
dem Süden zudrängte, nicht ohne Anteil an einer Vereinigung sein, 
die sich jetzt in vier großen Völkerbündnissen darstellte und mit den 
Völkerströmungen von Ostasien her in eine große Bewegung eingriffen, 
welche die Geschichte mit dem Namen der großen Völkerwanderung 
bezeichnet. Es sind die Allemannen, Franken, Sachsen, Gothen, und es 
lohnt wohl der Mühe, sich diese Völkerstämme genauer anzusehen, da 
sie Jahrhunderte lang die Geschichte beeinflussen: 
1. Die Allemannen (alle Männer) hatten ihre Wohnsitze zunächst 
diesseits, d. h. nordwestlich des von den Römern errichteten Grenzwalls, 
den sie später überschritten und sich bleibende Wohnsitze innerhalb 
römischer Grenzen eroberten. Sie fanden dort ihre zweite Heimat, so 
daß Allemannien zu Anfang des fünften Jahrhunderts nach Süden 
hin bis zu den Alpen, im Westen bis zu Jura und Vogesen reichte, 
nördlich bis zur Lahn, östlich bis zum Lech. Zu ihnen gesellten sich
	        
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