Full text: Der moderne Geschichtsunterricht

96 
Kampf gegen historische Phrasen. 
und Mittelpunkt für eine Erbmonarchie zu gründen, haben wir oben 
schon erwähnt. Die Fürsten waren thatsächlich nur königliche 
Beamte. Diese ungeheure Macht erklärt sich aber nur aus der 
Doppelstellung HEINRICHS. Er war nämlich auch das anerkannte 
Haupt und der eifrigste Vertreter der cluniacensischen Be¬ 
wegung, die damals das Abendland beherrschte (Synode zu Sutri). 
Als solcher beherrschte er auch das Papsttum in dem Mittel der 
Papstwahl unbeschränkt und hatte daher gegen irgend einen re¬ 
bellischen Fürsten ausser den weltlichen Waffen sofort auch die 
wirksamsten geistlichen zur Hand (Bann, Interdikt u. s. w.). Da¬ 
her seine Macht. 
Aber schon unter ihm selbst noch regte sich die Opposition 
gegen die kaiserliche Allgewalt, und zwar gerade von der Seite, 
die ihm so viel verdankte, von der cluniacensischen. Ein deut¬ 
scher Bischof, den HEINRICH zum Papst ernannte, VICTOR II. 
(Bischof Gebhard von Eichstädt), stellte schon die Bedingung, dass 
der Kaiser dem Stuhle Petri zurückgebe, t>quae iuris Petri sunt«. 
Was konnte mit dem dunklen Ausdruck anderes gemeint sein, als 
das Recht der Papstwahl und ähnliches (Investitur*). Dass die 
deutschen Fürsten natürlich nur auf die Gelegenheit lauerten, ihre 
Machtstellung um jeden Preis wieder zu erringen, ist selbstverständ¬ 
lich. Der Erbe HEINRICHS III. hätte fast noch bedeutender sein 
müssen als der Vater, und er war — ein öjähriges Kind. Natür¬ 
lich stürzte der Machtbau HEINRICHS III. zusammen. In Italien 
machte sich zunächst das Papsttum von dem kaiserlichen Einfluss 
auf die Papstwahl frei und suchte dann die Herrschaft über die 
Kirche in seine eigene Hand zu bringen. In Deutschland rissen 
die Fürsten die alte Macht wieder an sich, das kaiserliche Kind 
erhielt eine möglichst unglückliche, von einem Extrem ins andere 
schwankende Erziehung. War es ein Wunder, wenn der junge 
Fürst, mit 16 Jahren mündig gesprochen und von Schmeichlern 
und falschen Freunden umgeben, Fehler über Fehler beging? Er 
hatte das stolze Machtgefühl seines Vaters geerbt, aber nicht seinen 
hohen sittlichen, ja asketischen Ernst, und sah nicht ein, dass die 
politische Lage sowohl im Reiche, als in der Kirche himmelweit 
verschieden war von der unter seinem Vater. Er nahm die ab¬ 
solutistischen Bestrebungen seines Vaters in Sachsen wieder auf und 
'") Dass es sich bloss auf territoriale Schwierigkeiten in Italien bezogen habe, 
ist unwahrscheinlich.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.