Full text: Der moderne Geschichtsunterricht

Vorwort zur ersten Auflage. 
Bei der »Revision der Lehrpläne der städtischen Handelsschule« 
im Jahre 1896 wurde dem Verfasser das Referat über die Reform 
des Geschichtsunterrichtes übertragen. Für diese Übertragung mag 
der Umstand bestimmend gewesen sein, dass der Verfasser aus 
Pflicht und Neigung schon seit Jahren mit dieser Frage nicht bloss 
theoretisch, sondern auch praktisch sich beschäftigt hatte. Er 
hatte sich nämlich nicht bloss bemüht, den Fortschritten der Päda¬ 
gogik einerseits und der Geschichtswissenschaft andererseits zu 
folgen, sondern er hatte auch ganz vorsichtig Versuche angestellt, 
wie und inwieweit sich alle diese neuen Ideen im Unterrichte 
praktisch durchführen lassen. So erschien der Verfasser einiger¬ 
massen befähigt, bei seinem Berichte aus der Erfahrung heraus 
zu sprechen. Seine Gedanken hat er schlicht und einfach in diesem 
Berichte*) niedergelegt. 
Wenn er nun gegenüber der an ihn ergangenen Aufforderung, 
diesen Bericht zu veröffentlichen, anfangs längere Zeit unschlüssig 
zauderte, so war er sich vollständig darüber klar, dass ebenso viel 
gegen eine solche Veröffentlichung sprach als dafür. Gilt doch 
auf kaum einem anderen Gebiete des Unterrichtswesens so sehr, 
wie auf dem des Geschichtsunterrichtes das Wort des HERAKLIT: 
»7cavza oei«. Nicht nur dass auf dem Gebiete der Geschichts¬ 
wissenschaft selbst der Kampf der Geister hin- und herwogt, dass 
die Kampfrufe: »Hie MOMMSEN, GlESEBRECHT und Sybel«, »hie 
Ranke, Nitzsch und Lamprecht« hinüber und herüber schallen, 
dass neben der alten Schule, die an der »bewährten« bisherigen 
Methode festhalten will und die politische und Kriegsgeschichte 
in den Vordergrund stellt, sich immer ungestümer eine neue 
geltend zu machen sucht, welche die naturwissenschaftliche Methode 
auf ihre Fahnen geschrieben hat, die kulturellen, wirtschaft¬ 
lichen und sozialen Verhältnisse in den Vordergrund stellt und 
*) Dieser Bericht bildet den Kern zu dem nachfolgenden »Theoretischen Teile«. 
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