Full text: Oldenburgisches Quellenbuch

— 92 — 
93. Kriegsgefangen. 1870 Ang. Iß. 
— Carl Brand, Tagebuch eines oldenburgischen Füsiliers. Oldenburg 1894 
<3. 14. — 
Jur Busch wieder angelangt, machten wir Halt; unaufhörlich regnete 
es Kugeln, furchtbar sausten die Granaten. Es mochte gegen 3 Uhr 
nachmittags sein, als ich und einige Leute vom 78. Regiment beim 
weiteren Zurückgehen durch das Gehölz auf einen verwundet daliegenden 
Leutnant stießen, (ich glaube, es war Leutnant Scholz der 12. Kompagnie). 
Gr war schwer verwundet, und wir konnten ihn deshalb nicht mitnehmen; 
wir verbanden seine Wunde und hatten uns so ca. 20 Minuten aus¬ 
gehalten, als plötzlich auf ca. 20 Schritt hinter uns durch das dichte 
Untergebüsch wohl 30 Franzosen herankamen. Einer der 78er gab 
dem Leutnant davon Nachricht, und dieser, noch bei völligem Bewußtsein, 
gab sein weißes Taschentuch dem Soldaten, welcher nun mit diesem den 
Franzosen, da selbige schon alle ans uns anlegten, entgegenwinkte. Die 
Franzosen setzten nun ihre Gewehre wieder ab und waren inzwischen 
auch schon bei uns. Was nun geschah, ist natürlich das, daß wir mit 
unseren paar Leuten der größeren Uebermacht uns fügen und als 
Gefangene uns ergeben mußten. . Es waren bei den Franzosen einige 
Elsässer, welche der deutschen Sprache mächtig waren. Uns wurde gesagt, 
mitzugehen, es würde uns nichts zu Leide getan. Es war gegen 4 Uhr 
nachmittags, als ich mit einigen anderen gefangenen Soldaten aus den 
Tronviller Büschen herauskam und wir zurücktransportiert wurden unter 
Geleit von französischen Soldaten. Den Leutnant hatten wir zurücklassen 
müssen; in diesem Angenblick war das Feuer auf dem Schladhtfelde be¬ 
deutend mäßiger geworden. Wir kamen an manchen lieben Kameraden, 
die den ewigen Schlaf schliefen, vorbei; einen Leutnant vom 78. Re¬ 
giment, welcher einen Schuß durch den Fnß hatte und uns bat, ihn 
mitzunehmen, legten mir mit Genehmigung der Franzosen auf zwei 
Gewehre und trugen ihn so mit vier Mann zurück. Bald kamen wir 
an ganzen Bataillonen und Regimentern französischer Reserven vorbei, 
auch an höheren zu Pferde haltenden Generälen. Sobald letztere jedoch 
bemerkten, daß wir einen verwundeten Offizier transportierten, zogen alle 
ihr Käppi tief ab zur Begrüßung. Als wir nach geraumer Zeit in ein 
Dorf (wahrscheinlich St. Marcel) gelangten, wurde Halt gemacht. Hier 
war ein Verbandplatz; unaufhörlich brachte man Verwundete. ...Man 
hörte, daß in der Ferne das Feuer wieder an Stärke zunahm. 
Es war Abend geworden, immer mehr Verwundete kamen und 
auch mehr deutsche Gefangene, unter anderen auch der Füsilier Logemann 
und der Gefreite Pack von meiner Kompagnie, sowie ca. 50 Mann anderer 
Regimenter. . . . Von meinem Regiment waren im ganzen 11 Gefangene/ 
doch kam ich mit einigen davon erst am anderen Tage zusammen. Die 
Nacht verbrachten wir Gefangenen unter einem Holzschuppen, auf 
bloßer Erde lagernd. Wir merkten wenig vom schlechten Lager, da wir 
bald, übermüde, einschliefen. 
Am andern Morgen, 17. August, wurde weiter marschiert; wie es 
mit der Schlacht tags zuvor gegangen, wer Sieger war, davon vernahmen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.