Full text: Oldenburgisches Quellenbuch

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will zählen die Tränen, die von den Häusern der Vornehmen an bis 
zur ärmlichen Hütte auf dem Moore vergossen sind? Einzelne Bilder 
aber heben sich schärfer ab von dem dunklen Hintergründe; da steht er 
wieder vor uns, der ernst und still, als sei eine Todesahnung durch seine 
Seele gezogen, an der Spitze seines Regimentes ritt, nur wenige Wochen 
hat er unter uns geweilt, aber ein Großes hat er uns gelehrt: Wie 
man freudig sterben soll für seinen König und sein Vaterland. Da 
taucht vor uns aus das Bild dessen, der mit einem Liede auf den Lippen 
sein Leben ausgehaucht, noch im Tode lächelnd; ein fröhlicher leichter 
Soldatentod. Da werden sie wieder lebendig, die beiden kräftigen 
Freundesgestalten, die auf den Ruf des Vaterlandes Buch und Feder 
wieder einmal bei Seite geworfen und zum Schwert gegriffen; der Sohn 
des Dichters, mit seinem Blute werbend um des Vaterlandes Größe, die 
sein Vater besungen; das Bild des jüngsten im Regiment, der zu kämpfen 
und zu sterben wußte, wie ein Mann. Und dort, wo der Reitersturm 
vorübergebraust, der Mann in jugendlicher Schöne prangend, der Jüng¬ 
ling fast ein Knabe noch und schon ein Held, hingeworfen unter den 
Husschlag ihrer Pferde. — 
„Das ist das Los des Schönen auf der Erde!" so zog es zagend 
durch unsere Seele, als wir sie sammelten, die Männer und Jünglinge 
in langen Reihen, den letzten Freundesdienst ihnen zu erweisen, die 
Augen ihnen zu schließen, die Hände zu falten und sie dann neben ein¬ 
ander zur Ruhe zu betten, wie sie neben einander gestritten. — 
Weiter wälzte sich des Krieges Woge, noch reiche Ernte hat der 
Tod unter uns gehalten bis zu jenem Jüngling, der im letzten Kampfe 
als der Letzte gefallen, und mit ihm ist eines Hanses schönste Hoffnung 
begraben und ein Mutterherz gebrochen. Durch all den Siegesjubel hin¬ 
durch klang doch die tiefernste Totenklage: Die Edelsten Israels sind 
ans deinen Höhen erschlagen, wie sind die Helden gefallen im Streit und 
die Streitbaren umgekommen! Und wer heut’ seines Freundes Namen 
liest ans diesem Stein, er bricht in Davids Klage aus: Es tut mir leid 
um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne 
an Dir gehabt! 
d) nach 1871. 
100. Bismarcks Reden an die Oldenburger. 
a) Am 2 5. Mai 1893. 
— J.Penzler, Fürst Bismarck nach seiner Entlassung. Leipzig 1897, Bd. 5 S. 65. — 
(Am 25. Mai 1893 veranstalteten etwa 800 Oldenbnrger eine Huldiguugsfahrt nach 
Friedrichsruh. Professor Hullmann - Oldenburg hielt die Begrüßungsansprache. 
Darauf erwiderte Bismarck:) 
— — Meine Heimat ist in den niedersächsischen Landen. Dem 
niedersächsischen Volksstamme gehöre ich nach meiner Abstammung und 
nach meiner Geburt an, und bei aller Achtung, die wir vor den anderen 
Stämmen und Landsleuten haben, ist es mir doch ein Bedürfnis, die
	        
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