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an denen Rom endlich zugrunde ging. Es ist nicht alles Gold,
was glänzt. Für die Moral der Völker läßt sich aus den kar¬
thagischen Kriegen viel lernen.
5. Hannibals Zug über die Älpen als Anfang des
Zweiten punilchen Krieges.
(218—201 v. Chr.)
Hannibal war der furchtbarste und genialste Feind, welchen
die Römer jemals gehabt haben, daher entstellen ihre Geschichts¬
schreiber auch aus Nationalhatz dessen Charakter, werfen ihm
Treulosigkeit, Grausamkeit und andere Untugenden vor, obschon
sie selbst jene Vorwürfe im vollsten Matze verdienen. Griechi¬
sche Schriftsteller dagegen bewundern Hannibal nicht nur als
genialen Feldherrn, sondern auch als einen der edelsten, hoch¬
herzigsten Männer, welche die Weltgeschichte kennt.
Als die Karthager Sicilicn verloren hatten, suchten sie in
Spanien Ersatz, wo sie bereits jene Küstenstriche besaßen, welche
die stammverwandten Phönizier erkauft oder erobert hatten.
Diese Besitzungen wollte man erweitern, weshalb Hamitkar,
begleitet von seinem Schwiegersöhne Hasdrnbal, mit einem Heere
nach Spanien segelte. Ehe er aus Karthago abreiste, bat ihn
jein neunjähriger Sohn Hannibal dringend, ihn mitzunehmen.
Der Vater war dazu wenig geneigt, als jedoch der Knabe
immer dringender bat, willigte der Vater unter der Bedingung
ein, datz der Knabe den Römern ewigen Hatz schwöre. Gern
leistete Hannibal vor dem Altar des Nationalgottes den Schwur,
welchem er auch bis an seinen Tod treu blieb. Der Knabe
wuchs im Lager auf, nahm an allen Anstrengungen, Ent-