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Reigen der olympischen Götter; unter ihnen stand Helios voran,
den Wagen besteigend, dann folgten Zeus und Hera (Juno),
diese von einer Charis gefolgt, welche so wie die ihm folgende
Hestia Hermes an der Hand hält. Darauf erblickte man den
Eros, die Aphrodite empfangend, die aus dem Meere aufsteigt,
und welcher Peitho, die Überredung, den Kranz darreichte.
Dann sieht man noch Apoll und Artemis, Athene und Herakles,
endlich am untersten Fundament Amphitrite und Poseidon, und
zuletzt Selene, ihr Roß antreibend.
Neben oder unter der Statue waren Mauern angebracht,
um zu verhindern, daß man in das Innere des Werkes
hineinsähe. Auch diese hatte man reich verziert, denn sie
enthielten Gemälde von Panänos, des Phidias Bruder, welche
Heroengestalten und -Kämpfe darstellten. Diese Statue erreichte
eine so gewaltige Höhe, daß sie fast bis an das Dach des
Tempels reichte. Der Gott war sitzend dargestellt, und ein
großer Teil der Höhe kam auf die Grundlage. Dieses Werk
aus Gold und Elfenbein legte sich um einen hölzernen Kern,
der mit der Zeit verweste und ersetzt werden mußte. Im
fünften Jahrhundert v. Chr. zerstörte ein Brand Tempel und
Statue.
Die Sage erzählt, als Phidias sein Werk vollendet hatte,
bat er im Gebet den Gott um ein Zeichen, ob ihm das Bild
gefalle, und als Zeichen der göttlichen Gnade fuhr ein Blitz
aus heiterem Himmel von der Rechten her durch die Öffnung
des Tempeldachs dicht neben dem Meister in den Boden. Jeder
Hellene wallfahrtete zu diesem Bilde; glücklich wurde gepriesen,
wer es gesehen hatte. Auch auf die Römer, z. B. auf Ämilius
Paullus, machte die Statue einen gewaltigen Eindruck, denn
es schien Zeus verkörpert gegenwärtig zu sein. Viele priesen
seinen Anblick als ein Zaubermittel, welches alle Sorge und
alles Leid vergessen mache.