hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wäre es gelaufen den ganzen
Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen:
„Willst du unsern Haushalt
versehen, kochen, betten, waschen,
nähen und stricken, und willst
du alles ordentlich und reinlich
halten, so kannst du bei uns
bleiben, und es soll dir an
nichts fehlen." „Ja," sagte
Sneewittchen, „von Herzen
gern," und blieb bei ihnen. Es
hielt ihnen das Haus in Ord¬
nung: morgens gingen sie in
die Berge und suchten Erz und
Gold, abends kamen sie wieder,
und da mußte das Essen bereit
sein. Den Tag über war das
Mädchen allein, da warnten
es die guten Zwerglein und
sprachen: „Hüte dich vor
deiner Stiefmutter, die wird
bald wissen, daß du hier bist;
laß ja niemand herein!"
3.
Die Königin aber, nachdem
sie Sneewittchens Lunge und
Leber glaubte gegessen zu ha¬
ben, dachte nicht anders, als sie
wäre wieder die Erste und Allerschönste, trat vor ihren Spiegel und sprach:
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?"
Da antwortete der Spiegel:
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier,
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als Ihr."
Da erschrak sie; denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach,
und merkte, daß der Jäger sie betrogen hatte und Sneewittchen noch am
9*
Zeichnung von Ludwig Richter.