Full text: Hamburger Kriegsbuch

V. Im Osten. 
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sich die Lage an. Zur Verstärkung eilen neue Schützenlinien 
im „Marschmarsch" herbei; von denen fallen einige. Links Be¬ 
fehl: „Schützenfeuer auf das russische Maschinengewehr auf der 
Anhöhe!" Wir anderen erhalten jetzt auch Feuerbefehl: „Wald- 
rand aufsitzen lassen!" Das Infanteriefeuer ist aber ziemlich 
zwecklos; die Hauptsache ist die Artillerie. Die hatte indessen die 
russische zum Schweigen gebracht. Das russische Gewehrfeuer 
hört jetzt auch auf. Die Herren ziehen sich mal wieder, wie 
üblich, gegen Abend zurück. Rundherum brennen Häuser; auch 
die Fabrik brennt lichterloh. Wir zurück nach hinten, müssen 
deshalb durch einen häßlichen Sumpf. Links ein Drahtzaun. 
Die Ziehbrunnen wurden in Bewegung gesetzt, die trockenen 
kehlen befeuchtet. Von einem Angstgefühl habe ich nichts ge¬ 
merkt; kommt eine Granate an, so ducken sich alle, wenn's in 
der Nähe ist, obgleich es nichts nützt. Der Mond erscheint nun 
am Himmel, doch sein Licht wird verdrängt durch die Kriegs- 
Häuserfackeln. Noch pfeffert unsere Artillerie auf die abziehenden 
Russen. Über dem Walde der zuckende Feuerschein und dann 
der dumpfe Ton des Einschlagens der Granaten. Wir stehen 
vor einer Brücke in Gruppenkolonnen und warten auf Befehl. 
Es ist schon alles bereit zum Weitermarsch; ich bin bei der Vor¬ 
hut mit aufgepflanztem Seitengewehr. Das blitzt mordsüchtig 
im Mondschein und im Feuer der Brände. Vor der Brücke 
ein Strohhäufchen; ich lege mich drauf. Oben am Geländer 
sprechen Offiziere. Sie sprechen von 18 000 Gefangenen und 
50 erbeuteten Maschinengewehren. Jetzt bringen einige einen 
Russen an; aus einem Loch haben sie ihn geholt. „Will sich 
Huhn kochen und dann Frau suchen, hat er mitgebracht und 
verloren." Er soll die Patronen wegwerfen. „O gern!", und 
sie fliegen ins Wasser. Das Gewehr wird zerbrochen. Ein 
Meldereiter — bald marschieren wir ab. Vorsicht! Aufs Seiten¬ 
gewehr aufpassen. Verflucht, die russischen Wege. Hurra, die 
Häuser, unser Quartier. Erst Essen runterwürgen, dann ins 
Stroh, höchste Alarmbereitschaft, Tornister unterm Kopf, um¬ 
geschnallt, Gewehr im Arm. 
So, jetzt wollen wir erst mal unsere Pellkartoffeln machen 
und im Kochgeschirr von Onkel Fritzens Bouillonwürfeln 
Suppe kochen. 
* 
Auf der Straße wartet unser Regiment, die Fahnen immer 
verhüllt; ich habe sie noch nie wehend gesehen, auch im Gefecht
	        
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