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Aus fast allen Ländern der abendländischen Christenheit
wälzten sich große Scharen nach dem Osten.
Aber bald gab es gewaltige Enttäuschungen. Kaum acht Tage war
Konrad in Kleinasien vorgedrungen, da gingen die Lebensmittel gänz¬
lich aus; die Ritter vermochten in ihrer schweren Rüstung gegen die leichten
Reiterschwärme der Türken gar nichts auszurichten. Man mußte umkehren;
doch nur klägliche Trümmer des Heeres kamen an die Küste zurück. Sie
vereinigten sich mit den Franzosen und zogen an der Küste Kleinasiens ent¬
lang; ein Teil der Kreuzfahrer benutzte auch Schiffe. Aber nur eine kleine
Schar bekam schließlich das Heilige Land zu sehen. Unglücklicherweise ließen
sich die beiden Könige auch noch zu einem Zuge gegen das feste Damas-
kus verleiten, der gänzlich scheiterte.
Die in der Heimat zurückgeblieben waren, hatten ganz sicher geglaubt,
bald von glänzenden Taten der Gottesstreiter zu hören. Und nun kamen
die fürchterlichen Nachrichten, und man sah die kläglichen Überreste so ge-
waltiger Scharen! Da wurde mancher fromme Mann irre an Gottes
Willen und Wegen; vielen aber erschien der Mißerfolg als ein Strafgericht
des Himmels für die Sünden der Christenheit.
Friedrich I. Barbarossa. U52 bis 1U90.
1. Die Wahl Friedrichs. In Frankfurt am Main kamen die geistlichen
und weltlichen Fürsten zur Wahl zusammen. Einstimmig erkoren sie den
Neffen Konrads III., Friedrich von Schwaben. Lauter Jubel erscholl,
als seine Wahl verkündet wurde. Von Frankfurt zog er nach Aachen, wo
ihm der Erzbischof von Köln die Krone aufs Haupt setzte.
Dann unternahm Friedrich den Königsritt durch die deutschen Lande.
Das Volk jauchzte ihm zu, und der Adel empfing ihn festlich aus seinen
Burgen. Überall sorgte er für Recht und Ordnung; über Friedensstörer
verhängte er schwere Strafen.
Friedrich war ein stattlicher Mann. Langes Blondhaar umwallte ihm
Haupt und Schultern. Auch sein Bart war blond und schimmerte ein wenig
rötlich; deshalb nannten ihn die Italiener Barbarossa, das heißt Rotbart.
In allen ritterlichen Künsten war dieser Hohenstaufe wohl geübt unb bis an
fein Enbe frisch unb kräftig wie ein Jüngling.
2. Die Kaiserkrönung. Der neue Herrscher nahm sich Karl ben Großen
zum Vorbild. Wie dieser wollte er über das ganze Abendland ge-
bieten; die üb r igen Herrscher d er Christenheit sollten nur „Unter-
tönige in den Provinzen" sein und ihm daher Gehorsam leisten.
Darum zog er auch gleich nach Italien. In Rom empfing er die
Kaiserkrone. Nach der Krönung kam es zu einem Ausstand. Friedrich geriet
in große Gefahr, aber sein Freund Heinrich der Löwe rettete ihn.
3. Heinrich der Löwe. Nach seiner Heimkehr gab Friedrich Heinrich
dem Löwen das Herzogtum Bayern zurück. Nun besaß der Weife eine ge¬
waltige Macht; aber er wollte sie noch vermehren. Wie sein Großvater Lothar
unb wie Albrecht der Bär zog er gegen die Wenden ins Feld. Mecklen¬
burg und Pommern gerieten unter seine Herrschaft. In bas eroberte Gebiet
wanberten Tansenbe von beutscheu Bauern ein, unb überall entftanben beutfche