fullscreen: Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung

Vorwort. 
Seitdem C. Ritter durch seine „vergleichende Erdkunde" 
zuerst gezeigt hat, wie die geographische Wissenschaft einer wahrhaft 
bildenden Behandlungsweise fähig sei, sind auch die Verfasser von 
geographischen Lehrbüchern vielfach bemüht gewesen, durch Anwendung 
jener Methode diesem Unterrichtszweige nicht „sowohl seine höhere 
als vielmehr seine wahre Bedeutung" zu geben. Diese Versuche 
bestanden zunächst in einer ausführlicheren Darstellung der topischen 
und physikalischen Verhältnisse, und in der Beschränkung der politi¬ 
schen Geographie auf eine skizzenartige Uebersicbt. Anderen schien 
jedoch bald diese streng wissenschaftliche Methode nicht die rechte An¬ 
ziehungskraft für den jugendlichen Geist zu haben, und sie glaubten 
der früher üblichen Beimischung von naturwissenschaftlichen und hi¬ 
storischen Notizen nicht entbehren zu können. So blieben die geo¬ 
graphischen Compendien, der Mehrzahl nach, ein nur das Gedächtniß 
in Anspruch nehmendes, encyclopädisches Aggregat von Angaben aus 
den verschiedensten Zweigen der Naturwissenschaft, der politischen, 
Cultur- und selbst der Literaturgeschichte, ohne inner» Zusammenhang, 
obgleich C. Ritter selbst schon im Jahre 1833 in einer vor der Aka¬ 
demie der Wissenschaften in Berlin gelesenen Abhandlung „von dem 
historischen Elemente der geographischen Wissenschaft" gegen solche 
Einmischung fremdartiger, wenn auch verwandter Elemente sich ent¬ 
schieden ausgesprochen hatte. „Diejenige Wissenschaft," sagt er, 
„welche erst des Reizes der Nebertragung oder der Nutzanwendung 
aus andern Wissenschaften bedarf und des eigenen Keimes der Ent¬ 
faltung ermangelt, wird auch andere Wissenschaften oder das Leben 
selbst nie befruchten oder berühren, und die todtgeborne wird auch 
leblos bleiben und durch keinen täuschenden Anstrich lebendig machen. 
Sie wird dann keineswegs als Disciplin zur humanen Ausbildung 
des menschlichen Geistes gehören und würde auch keine eigene
	        
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