86 I Die Zeit der Konstitutionen.
beide Länder zumal beglücke. Als Odounel den rebellischen
General 1866 über die portugiesische Grenze gejagt, sich
selbst -aber nur Feinde gemacht hatte, zog der Hof Nar-
vaez wieder hervor. Der führte nun einen Staatsstreich
aus, verhaftete die Häupter der Liberalen, um sie zu de-
portiren, daß der bis in die Wurzel erschütterte Thron
Jsabella's noch einmal sichergestellt werde. Da starb er
23. April 68, nur etliche Monate nach seinem im fran¬
zösischen Exil verschiedenen Nebenbuhler Odonnel, und mit
ihm sank die letzte Stütze der armen Jsabella.
§ 14. Der Bürgerkönry.
Louis Philipp saß aus keinem bequemen Thron, so
unzweifelhaft ihm selbst sein Beruf scheinen mochte, die
Monarchie mit der Volkssouveränität zu versöhnen. Ob
er auf den Thron gelangte, weil er ein Bourbon war,
oder wiewohl er es war, ob der Zuruf der Kammern die
Wahl dnrch's Volk ersetzen konnte, diese uud andere Fra¬
gen mochten ihn gleichgültig lassen, so lang er nur selbst
fest darauf saß. Gewiß ist doch, daß die Unsicherheit sei¬
nes Rechts sich wie ein dunkler Schatten über seine ganze
Regierung hinzog uud ihn aus dein Tasten und Balanciren
heraus zu keinem selbstgewissen Handeln vorschreiten ließ.
Er sollte erfahren, daß die Revolution in Frankreich mit
allem Loyalismus aufgeräumt hatte. Wie viel war da zu
thun, um fest zu sitzen; wie wenig Zeit blieb übrig, die
Wohlfahrt des Staats zn fördern!
Die „richtige Mitte" halten, war sein Grundgedanke,
und dabei stützte er sich, wie er selbst ein guter Haushal¬
ter war, auf die Kreise der Geldmänner und der Wohl-
habenden. Damit konnten sich die Legitimisten nicht be¬
freunden, die nun größtenteils aus dem Staatsdienst sich
zurückzogen. Doch war kaum zu befürchten, daß sie ihm
wirkliche Gefahr bereiten konnten. Anders stand's auf der
linken Seite, wo die feurigsten Kämpfer für Freiheit,
Gleichheit und andere unbestimmte Ideale standen, unter