Object: [H. 3, Teil 2] (H. 3, Teil 2)

Ritterliche waffenübunqen. 29 
daß einzelne Ritter einander herausforderten und völlig gerüstet, 
aber mit stumpfen Lanzen auf einander losritten und die Speere 
an den Schilden der Gegner brachen oder gar diese aus dem Sattel 
Warfen. fjetvrie a. ZU). ^36. 
Das Turnier ist das Abbild einer wirklichen Reiterschlacht. 113 
Der Festtag begann mit einer feierlichen Messe. Dann versammelt 
sich die ganze Ritterschar und man beginnt die beiden Geschwader, 
welche miteinander kämpfen sollen, abzuteilen. Das Kommaribo 
über jede der Scharen übernahm ein Hauptmann. Mer nicht Ritter 
war, wurde von der Teilnahme ausgeschlossen. Sobald die Damen 
sich niedergelassen hatten, begann die Musik und nun zogen die 
Ritter, von ihren Knappen begleitet, allmählich nach dem Turnier¬ 
felde. Die Knappen riefen vor ihnen her „Platz da", die Kreiirer 
(Ausrufer) begrüßten mit lautem Zurufe erprobte Kämpfer; die 
beiden Scharen sind in je drei Treffen gegliedert und jedes Treffen 
in einer keilförmigen Schlachtordnung aufgestellt; die Komman¬ 
deure ermahnen in einer Ansprache jeden seine Schuldigkeit zu 
tun und nun beginnt die harte Arbeit. Schultz 11, ^32—\38. 
Die Trompeten erklingen, die Trommeln wirbeln, jeder 114 
Ritter ruft sein Feldgeschrei ^); manche auch rufen ihre Geliebten 
an2). Die geharnischten Männer stürzen in voller Karriere auf¬ 
einander los; die Lanzen zersplittern; da ist einer niedergestreckt 
worden, sein Roß führen die Knappen des Siegers fort. Wer auf 
Gewinn ausging, behielt die Rosse und ließ sie sich auslösen; für 
sehr anständig aber wurde es gehalten, wenn der Sieger sie ohne 
Lösung zurückgab oder den Rufern überließ, die laut die Milde, d. H. 
die Freigebigkeit der Ritter herausforderten. VOer aber nicht so 
vornehm war, den Gewinn gleich fortzugeben, ließ seine Beute 
in Sicherheit bringen und auch die Gefangenen, die er gemacht, 
von seinen Leuten fortführen^). Die Erschöpften begaben sich (eine 
Zeit lang) außerhalb des Gewühls, die verwundeten wurden 
hinweggeleitet oder weggetragen und verpflegt, die Toten auf 
Bahren gelegt. Die Sieger sandten ihre am Leben gebliebenen 
Gegner auch an ihre Damen, welche sie mit oder ohne Lösegeld 
freilassen konnten. Sie wurden (von den Preisrichtern) feierlich 
als Sieger verkündet, erhielten ihren Preis, den Turnierdank, nahmen 
zur Erholung ein Bad und begaben sich zur Ruhe. Durch Frei¬ 
gebigkeit gegen die Herolde und fahrenden Leute vermehrten sie 
ihren Ruhm noch. Die Besiegten aber hatten zum Schaden noch 
den Spott und mußten nicht selten ihr Lösegeld bei )uden auf¬ 
nehmen4). 
!) Sch. II, 1*6. 2) 5. a. Rh. H39. 3) Sch. II, HV 4) H. a. Rh. ^0.
	        
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