XXI. Rede des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck. 311
Haß qeqen uns in Rußland weiter nicht von Dauer sein wird^ Mit
unseren Bundesgenossen in der Friedensliebe einigen mis nicht nur
Stimmungen und Freundschaften, sondern die zwingendsten Interessen
des europäischen Gleichgewichts und unserer eigenen Zukunst.
Und deshalb glaube ich: Sie werden die Politik Seiner Majestät
des Kaisers, die das publizierte Bündnis abgeschlossen hat, billigen
(Bravo!), obschon die Möglichkeit eines Krieges dadurch verstärkt wird.
Es ist ja unzweifelhaft, daß durch die Annahme dieses neuen
Gesetzes das Bündnis, in dem wir stehen, außerordentlich an Kraft
gewinnt, weil das durch das Deutsche Reich gebildete Mitglied seiner¬
seits außerordentlich verstärkt wird. Die Vorlage bringt uns einen
Zuwachs an waffentüchtigen Truppen, einen möglichen Zuwachs —
brauchen wir ihn nicht, so brauchen wir ihn auch nicht zu rufen,
dann können wir ihn zu Haufe lassen; haben wir ihn aber zur Ver¬
fügung, haben wir die Waffen für ihn — und das ist ja durchaus
notwendig; ich erinnere mich der von England 1813 für unsere -aud-
wehr gelieferten Karabiner, mit denen ich noch als Jäger ausexerziert
worden bin; das war kein Kriegsgewehr Das können wirja
nicht plötzlich anschaffen; haben wir aber die Waffen dafür, so bildet
dieses neue Gesetz eine Verstärkung der Friedensbürgschaften und eme
Verstärkung der Friedensliga, die gerade fo stark ist, als wenn eine
vierte Großmacht mit 700000 Mann Truppen — was ja früher die
höchste Stärke war, die es gab - dem Bunde beigetreten wäre. (Bravo!)
Diese gewaltige Verstärkung wird, wie ich glaube, auch beruhigend
auf unsere eigenen Landsleute wirken und wird die Nervosität unserer
öffentlichen Meinung, unserer Börse und unserer Presse einigermaßen
ermäßigen. Ich hoffe, sie werden Linderung fühlen (Heiterkeit), wenn
sie sich das klar machen, daß nach dieser Verstärkung und von dem
Augenblick an, wo das Gesetz unterzeichnet und publiziert ist, die
Leute da sind; die Bewaffnung wäre notdürftig auch jetzt vorhanden;
aber wir müssen sie besser anschaffen, denn wenn wir eine Armee
von Triariern bilden, von dem besten Menschenmaterial, das wir
überhaupt in unserem Volke haben, von den Familienvätern über
dreißig Jahre, dann müssen wir auch sür sie die besten Waffen haben,
die es überhaupt giebt (Bravo!), wir müssen sie nicht mit dem in
den Kampf schicken, was wir für unsere jungen Linientruppen nicht
sür gut genug halten (sehr gut!), sondern der feste Mann, der Fami¬
lienvater, diese Hünengestalten, deren wir uns noch erinnern können
aus der Zeit, wo sie die Brücke von Versailles besetzt hatten, müssen