Die Entwicklung Brandenburg-Preußens.
25
mit Frankreich auf zehn Jahre (1679), das den Kurfürsten ver¬
anlaßte, den französischen Reunionen untätig zuzusehen. Die Auf¬
hebung des Edikts von Nantes löste das Bündnis, und die
erneute Türkengefahr veranlaßte den Kaiser, mit Brandenburg
in neue Verhandlungen wegen der schlesischen Frage zu
treten. Gegen das Versprechen, Hilfstruppen im Türkenkriege zu
stellen, trat der Kaiser dem Kurfürsten den Kreis Sch Wiebus ab
(22./3. 1686). Wenn auch Friedrich Wilhelm nicht die Befriedigung
seiner Ansprüche in Schlesien erlangte, so erkannte der Kaiser doch
deren Berechtigung hier an. Durch den geheimen Revers des
Kurprinzen — dieser versprach schon vor Abschluß des Ver¬
trages (am 28. Februar), bei seinem Regierungsantritte den Kreis
Schwiebus dem Kaiser zurückzugeben (für die Behauptung, der Kaiser
habe dem Kurprinzen als Gegenleistung gegen den geheimen Revers
die Nichtanerkennung des Testaments des Großen Kurfürsten, das
die Abtrennung einzelner Landesteile vorsah, zugesagt, fehlt jeder
Anhalt) — sicherte der kaiserliche Gesandte Fridag seinem Herrn
den Besitz des Schwiebuser Kreises. Der Kurfürst war so hinter¬
gangen worden. Zwar hat er selbst nie etwas von dem Revers
seines Sohnes erfahren. Andere Differenzen aber, die zwischen ihm
und dem Kaiser sich bildeten — der Vertrag vom 22./3. 1686 hatte
dem Großen Kurfürsten eine alte Schuldforderung an Ostsriesland,
durch die er in den Pfandbesitz dieses Gebietes kommen sollte, über¬
tragen, doch zog es der Kaiser vor, die Schuld von 240 000 Rhtlr.
selbst an den Kurfürsten auszuzahlen —, machten es ihm gegen Ende
seines Lebens wieder besonders klar, daß die Zukunft des von ihm
begründeten Staates nur in einer selbständigen Politik sich macht¬
voll gestalten könne, eingedenk des in seinem politischen Testamente
von 1667 („Väterliche Vermahnung") ausgesprochenen Grundsatzes:
„Allianzen sind zwar.gut, aber eigene Kräfte sind besser."
Für den 9. Mai 1688 — seinen Todestag — hatte Friedrich
Wilhelm die Parole ausgegeben: „Amsterdam und London". Diese
kennzeichnet die Richtung seiner damaligen auswärtigen Politik: es
bereitete sich eine Umgestaltung der westeuropäischen Staatenver¬
hältnisse vor. Wilhelm von Oranien, der Staathalter der
niederländischen Generalstaaten, betrieb seit 1685 eifrig den Plan,
den englischen Thron zu gewinnen. Der Große Kurfürst hatte von
Anfang an um diese Dinge gewußt und sagte seinem Neffen feine
Unterstützung zu. Das größte Hindernis des Strebens Wilhelms
war Ludwig XIV. Da begann Ludwig 1688 seinen dritten Raub¬
krieg mit der Verwüstung der Rheinlande. Die Folge dieses Bruches