Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (2)

Die Entwicklung Brandenburg-Preußens. 
29 
die Hoffnung auf die oranische Erbschaft als der Zug zum Kaiser; 
jedenfalls tat auch das englische Gold bei dem Nachfolger Dankel- 
manns, dem allmächtigen Wartenberg, feine Schuldigkeit. Unter dem 
tapferen Fürsten Leopold von Dessau zeichneten die preußischen Truppen 
sich aus in den Schlachten bei Höchstädt (1704) und Turin (1706), 
und unter Lottum erwarben sie sich Ruhm bei Ramillies (1706), 
Oudenarde (1708) und Malplaquet (1709). 
Bei manchen politischen Entschlüssen der letzten Jahrzehnte hatte 
in Brandenburg-Preußen die Aussicht auf die oranische Erbschaft 
die Richtschnur gebildet. Als Sohn Luise Henriettens von Oranien 
war Friedrich beim Tode des kinderlosen Wilhelm III. von Dranten 
erbberechtigt, da feine Mutter die älteste Tochter Friedrich Heinrichs 
von Oranien war und dieser auch bereits entsprechende Anordnungen 
getroffen hatte. Kam auch für diese Erbfolge die Statthalterwürde 
in den Niederlanden und die Krone Englands kaum in Betracht, so 
waren doch die reichen oranifchen Hausgüter — das Fürstentum Orange 
in Südfrankreich, die Hoheit über Neuchatel in der Schweiz, die Graf¬ 
schaften Valendis (Schweiz), Lingen und Mors sowie zahlreiche Grund- 
herrfchaften in der Freigraffchaft Burgund und in den Niederlanden 
— begehrenswert genug. Wilhelm III. hatte aber durch fein Testament 
einen entfernten Verwandten, den unmündigen Johann Wilhelm von 
Naffau-Dietz — den Enkel von Friedrich Heinrichs von Oranien zweiter 
Tochter — ernannt. Keinesfalls konnte Friedrich I. gesonnen fein, 
zugunsten des Nassauers auf das Erbe zu verzichten, um so weniger, 
als der Kronvertrag ihm die Hilfe des Kaisers sicherte. So zog er 
Lingen alsbald ein, gewann im weiteren Verlause des Spanischen 
Erbfolgekrieges noch Mors, Neuchatel und Valendis. trotzdem die 
kaiserliche Politik den Gebietserweiterungen Preußens mehrfach ener¬ 
gischen Widerstand entgegensetzte. Auf die übrigen Teile der oranifchen 
Erbschaft mußte Friedrich verzichten, doch gewann er noch durch 
französisch-englische Unterstützung das Quartier Obergeldern, teils als 
Entschädigung für Kriegskosten, teils wegen alter jülich-klevifcher 
rechtlicher Beziehungen. 
Die Verpflichtungen des Kronvertrages, die Friedrichs Teilnahme 
am Spanischen Erbsolgekriege erheischten und sein Streben nach dem 
Erbe der Oranier unterstützten, banden dem Könige die Hände im 
Nordischen Kriege. Hier fehlt jedenfalls feiner Politik die nötige 
Festigkeit und zielbewußte Klarheit, mit denen er in dieser unruhigen 
Beit bessere Erfolge hätte erzielen können. Friedrich I. starb, bevor 
der Spanische Erbfolgekrieg endgültig beendet war. Diesen beschloß 
der Friede zu Utrecht (11./4. 1713): Friedrich Wilhelm I.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.