11. Rückkehr der königlichen Familie nach Berlin 11
(Oesterreich höchst nachtheiligen Friedens meldend) Das Unglück, wel¬
ches uns bevorsteht, ist schrecklich, da Napoleon sich bestimmt geäußert
haben soll, die rückständigen Tontributionen selbst beitreiben zu wollen.
Noch vor wenigen Monaten konnten Lw. Königliche Majestät der
allgemeinen Sache aller Völker durch einen sühnen Entschluß den Aus-
schlag geben, höchst schmerzhaft ist es mir, daß Sie, Hllergnäbigftei:
Herr! meine dringend ehrerbietige Bitte verworfen haben, die ich aus
wahrer unbegrenzter Anhänglichkeit wagte.
Die Wiederbesetzung des größten Theils Lw. Königlichen Majestät
Staaten durch die Franzosen ist nicht zu bezweifeln, wir werden das
Schicksal der Hessen haben, und durch einen Federstrich Napoleons fallen,
wir haben also nichts mehr zu verlieren, denn ein ehrenvoller Tod
ist besser als ein vor der Welt gebrandmarktes Leben. Lw. Königliche
Majestät können noch sich, die Königliche Familie und das Land retten,
wenn Sie uns die Waffen in die Hand geben. Mit weit geringeren Mit¬
teln widerstand einst Friedrich der Große der Unterjochung, denn Lw.
Königliche Majestät können auf eine Armee von 60 000 Mann, auf noch
einmal so viel theils ejercirte, theils waffenfähige Mannschaft und auf
das ganze Land rechnen, welches gewiß lieber für feinen König fechten
und sich auf seines Königs Stimme aufopfern, als ein fremdes Joch tra¬
gen wird. Ganz Deutschland, dessen Freiheit am letzten Faden von Lw.
Königlichen Majestät gehalten wird, kann und wird mit uns gemein¬
schaftliche Sache machen, was könnten, was wollten wir nicht thun,
wenn unser König nur sich unserer annehmen, nur mit uns kämpfen
und lieber den Tod als Schmach theilen wollte! — Ich, der ich meinem
angeborenen König bis in den Tod getreu bleibe, ich verbürge mich, daß
es gut gehen muß, wenn man nur die rechten Mittel ergreift. . . .
warum sollten wir uns denn geringer als die Spanier und Tqroler
achten! wir haben größere Hülfsmittel als sie.
Wenn wir unseren Herd zu vertheidigen wissen, so werden wir es
wert sein, fortzudauern, Unwert der Fortdauer werden wir unter¬
gehen.2)
11. Rückkehr der königlichen Familie nach Berlin?)
1. Ich kam ein paar Tage vor Weihnachten [1809] an, den Tag
vor dem feierlichen (Einzuge des Königs und der Königin aus Preußen.
3ch mußte den Zug unö die Freude mit ansehen. Jedes herz, in welchem
noch ein deutsches Fünkchen atmete, war durch das fürchterliche, allen
gemeinsame und mehr oder weniger von allen verschuldete Unglück jetzt
1) Der wiener Friede wurde am 14. Oktober 1809 unterzeichnet.
2) Aus Friedrich Schulze, ausgemahlte Briefe Blüchers, S. 33 f.
3) L. IN. flrndt, (Erinnerungen aus dem äußeren Leben. 1840.
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