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im Schlosse", sagte er zu ihm. „Kaum bist Du ge¬
kommen, unerwartet, wie ein Dieb in der Nacht, so be¬
ginnst Du auch schon Händel und geberdest Dich wie
einer, der das größte Recht auf seiner Seite hat. Es
wird nötig sein, Dir die Flügel zu stutzen, damit Du
nicht zu wild und zu übermütig werdest. Habe ich Dich
deshalb nach Löwen geschickt, daß Du als ein Raufbold
zurückkehrst?"
„Vater", rief Julius, „ich bin kein Raufbold; nur
meine Ehre habe ich verteidigt; ich weiß, Ihr hättet an
meiner Stelle dasselbe gethan. Beleidigen lasse ich mich
von niemand, am allerwenigsten von meinem Bruder,
dem ich freundlich engegentrat, der aber meine Hand
zurückstieß".
„Dein Bruder handelte in meinem Sinne", versetzte
der Herzog mit eisiger Kälte. „Jetzt folge mir; Du sollst
aus meinem Munde das Weitere hören. Du aber, mein
Sohn Magnus, gehe hin und sage dem hochwürdigen Abt
Lambert, daß ich ihn zu mir entbieten lasse; auch mit
ihm habe ich zu reden". Mit diesen Worten schritt er
Julius voran in sein Kabüiet; Magnus aber entfernte
sich mit einem Blicke des Haffes auf feinen jüngeren
Bruder.
Mit erregten Schritten durchmaß der Herzog das
Gemach, während Julius mit hochklopfender Brust in der
Nähe der Thür stehen blieb. Man sah es dem Herzog
an, wie es in ihm kochte und gärte. Endlich blieb er
vor feinem Sohne stehen, sah ihn durchbohrend an und
sprach: „Wahrlich, das sind nette Gerüchte, die Dir
voranfliegen. Doch ehe ich darüber mit Dir rede, be¬
antworte mir die Frage: „Was bewegt Dich, wider
meinen Willen die Hochschule zu verlassen?"
„Vater", erwiderte Julius, „habt Barmherzigkeit
mit mir. Ich kann kein Priester werden, wie Ihr be¬
schlossen habt. Mein Herz hängt mit jeder Faser am
Leben in der Welt, und ich bin jetzt stark genug ge¬
worden, ein Schwert zu schwingen und ein Roß zu
tummeln. Laßt mich ein Ritter werden, wie Ihr es seid;
Ziemantt, Der Abt von Amelunxborn. 7