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abzubringen. Aber dennoch wollte er noch einen Versuch
machen, sein Herz zu rühren.
„Vater", rief er flehend, indem er einen Schritt
näher trat und die Hände gegen ihn erhob, „habt Mit¬
leiden mit mir. Ich bitte, ich beschwöre (Such, befehlt
mir nicht, nach den Niederlanden zurückzukehren. Ich
kann kein Priester werden, nein, ich kann und darf es
nicht!"
Betroffen hielt der Herzog in seiner Wanderung
durch das Zimmer inne. Durchbohrend ruhte abermals
sein Auge auf dem Sohne, und mit vor Aufregung
zitternder Stimme sagte er: „Wie,Du kannst und darfst
kein Priester werden? Deine Worte klingen rätselhaft.
Sage mir die Gründe, die Dich zwingen, meinen Worten
ungehorsam zu sein".
„O Vater", stammelte der Prinz, „erlaßt mir die
Gründe, ich kann sie Euch nicht nennen. Befehlt mir,
was Ihr wollt, und Ihr sollt sehen, daß ich Euch ge¬
horchen werde. Macht mich zum geringsten Eurer Diener,
befehlt mir, Knechtsdienste an Eurem Hofe zu verrichten,
ich werde mich willig unterwerfen. Aber erlaßt es
mir, Euch die Gründe zu sagen, die mich verhindern,
ja die mir verbieten, in diesem Stücke Euch zu folgen".
Da wallte der helle Jähzorn im Herzen des Herzogs
auf. „Verwegener", donnerte er dem Prinzen entgegen,
„wagst Du es, Deinem Vater zu trotzen? Heraus mit
der Sprache! Ich will es wissen, welcher Satan in Dich
gefahren ist und Dich verleitet hat, meinem Willen Dich
zu widersetzen. Ich werde es wissen, Dich zum Reden zu
bringen". Und mit drohend erhobener Faust schritt er
auf den Sohn zu. Aber auch diesem war bei dem jähen
Zornesausbruch des Vaters die Röte des Zornes ins
Gesicht getreten; mit blitzenden Augen stand er jetzt dem
Vater gegenüber. „Nun wohl", stieß er hervor, „so
wisset denn, was mich hindert, Euren Geboten zu folgen.
Ich habe völlig gebrochen mit der alten Kirchenlehre, ich
bin lutherisch gesinnt, wie es auch meine arme Mutter
war, wie es mein erlauchter Ohm von Württemberg,
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