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Kabinet seines Herrn begab. Ein häßliches Lächeln
spielte um seine blutlosen Lippen, als er des Prinzen an¬
sichtig wurde. Als er aber hinter der Thür verschwunden
war, ballte Quitzow hinter ihm die Faust. „Verräter",
murmelte, er; es kommt wohl noch die Zeit, wo ich mit
Dir abrechne!"
Gesenkten Hauptes schritt Quitzow dem Prinzen
voran und führte ihn in ein Turmgemach, das ge¬
legentlich dazu diente, Mitglieder des Schlosses, die aus
irgend welcher Ursach eine geringe Freiheitsstrafe zu ver¬
büßen hatten, aufzunehmen. Es war ein dürftig aus¬
gestatteter Raum; kahl waren die Wände, ohne jeglichen
Schmuck, zwei Stühle und ein Tisch bildeten neben
einem im Winkel stehenden Feldbette die gesamte Aus¬
rüstung; die Fenster waren mit Eisenstäben vergittert.
Ein bitteres Lächeln zog über das Gesicht des Prinzen,
als er eintrat. „Ich habe mir den Einzug in das Schloß
meiner Väter anders gedacht", sagte er zu seinem Be¬
gleiter ; „ich konnte nicht ahnen, daß dieses Gelaß,
das heute meine Füße zum ersten Male betreten, mir
zur Wohnung dienen würde. O Vater, wie empfängst
Du Deinen Sohn!"
Dieser schmerzliche Ausruf schnitt Quitzow durchs
Herz. Er ergriff die Hand des Prinzen und sagte:
„Edler junger Herr, o sagt es mir, wodurch habt Ihr
den Zorn des Herzogs auf Euch geladen? Ich sehe, er
zürnt Euch heftig, und ich fürchte für Euch das
Schlimmste. Was ist's, womit Ihr ihn gekränkt habt?"
Ruhig erwiderte Julius: „Mein Verbrechen, ich
weiß es, ist ein großes in seinen Augen. Ich habe
meinem Vater gesagt, daß ich keine Pfaffe werden will
und kann, weil ich nichts glaube von den Ammenmärlein,
die die Kuttenmänner und Schwarzmäntel betn Volke
aufhängen. Ich habe ihm gesagt, baß ich lutherisch
gesinnt bin unb nicht ablassen will von betn, was ich für
wahr erkannt habe".
Entsetzt starrte Quitzow ben Prinzen an. „Un-
glücksel'ger", rief er, „bas hattet Ihr gethan? O so seid