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nicht aufzufinden vermocht hätte. Es hätte dieser Vor¬
sicht nicht bedurft; denn die Feinde, die keinen Krieg
führten gegen friedliche Unterthanen, sondern nur gegen
den unruhigen Herzog, dachten nicht daran, das reiche
Kloster seiner Schätze zu berauben. So waren denn die
Kriegsstürme ziemlich _ spurlos an demselben vorüberge¬
gangen, und außer einer hessischen Einquartierung von
wenigen Tagen, die sich aber, dank der vorzüglichen
Mannszucht, die Philipp zu halten wußte, von allen
Ausschreitungen fernhielt, hatten die Cistercienser von
Amelnnxborn noch wenig vom Kriege erfahren.
Als Diedrich von Quitzow in den Klosterhof eintrat,
begehrte er alsbald vor den Abt geführt zu werden. Der
tapfere Kriegsmann war den Klosterleuten nicht unbekannt.
Freilich war es ein offenes Geheimnis, daß er es in
Glaubenssachen nicht so strenge nahm wie sein fürstlicher
Gebieter, und es gab sogar Leute, die ihn offen des Ein¬
verständnisses mit den Lehren der Wittenberger beschul¬
digten; aber in der Treue gegen seinen Herrn stand er
makellos da. Seinem Begehren wurde deshalb gewill¬
fahrt, und in kurzer Zeit stand er vor dem hohen geist¬
lichen Würdenträger, der damals über eine fast fürstliche
Macht gebot.
Abt Vitus Tegetmeister war eine hohe, stattliche
Erscheinung, besonders, wenn er an hohen Festtagen oder
bei anderen feierlichen Gelegenheiten in dem vollen Schmuck
seiner Würde sich zeigte. Heute war er freilich nur ge¬
kleidet in das gewöhnliche schwarze Kleid der Mönche
seines Ordens, und nur das große, an goldener Kette
hängende Kreuz verriet seine hohe Stellung. Aber in
seinem ganzen Wesen lag ein gewisses Selbstbewußtsein,
das deutlich anzeigte, daß er mehr gewohnt war zu herr¬
schen als zu gehorchen. Sein Gesicht war lebhaft ge¬
rötet, und besonders die vollen Wangen und das hängende
Unterkinn legten Zeugnis davon ab, daß.ihr Träger
durchaus kein Freund von Fasten und Kasteiungen war.
Der Abt war nicht allein. Zwei Männer, ebenfalls
in der Tracht der Cistercienser, waren bei ihm. Der