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gesetzt. Aber wie friedlich liegt heute dieses Breisach da — die winklige
Altstadt, am Berg hinaufgebaut, die freundlicheren, gartenreichen Außen¬
teile, die Brücke über den Rhein nach dem elsässischen Ufer! Wir haben
es gut getroffen! Hübsch belebt ist der herrliche Strom. Dort schaukeln
ein paar leichte Fischeruacheu, und ein Lustfahrzeug mit singenden Ans-
flüglern strebt hinaus ins goldne Abendlicht, wohl nach der Limbnrg hart
am Kaiserstuhl, wo die Wiege Rudolfs von Habsburg soll gestanden
haben. Ein Dampfboot sogar, schwer mit Gütern beladen, zieht vorüber.
Daß schon auf dem jungen Strom solch' schwere Fahrzeuge verkehren
können, verdanken wir einem tüchtigen Manne namens Tnlla. Das
Betragen des Rheins auf seiner Wanderschaft am Kaiserstuhl vorüber
war einmal wie das eines uugeberdigen Buben, der den Leuten zeigen
will, wie stark er ist, indem er einen tollen Streich nach dein andern
verübt. Da war es dieser Tulla, der den Rhein durch technische Künste
sittsamer und verträglicher machte, daß er dem Landmann nur noch ganz
selten die Felder verwüstet und Schiffe und Lasten auf seinem Rücken
duldet. Oberst Tulla aber (er ist schon seit mehr als achtzig Jahren
tot) wird der Bändiger des wilden Rheins genannt, und ein Turm steht
ihm zu Ehren droben auf dem Schloßberge zu Breisach.
Zum Schönsten von Breisach gehört der Eckartsberg mit dem trutzi-
gen Mauerwerk, an dem uralte Sage haftet. Zu einer Zeit, die unend¬
lich weit vor der unsrigen liegt, lebte ein König Ermanrich. Der hatte
zwei blühende Neffen namens Fritel und Jmbreck, und sie gehörten dem
mutigen Geschlechte der Härtungen an, das zu Breisach hauste. Sorglich
bewachte die Beiden ihr Burgvogt und Erzieher, der getreue Eckart.
Nun hatte Ermanrich die Hausehre seines Ratgebers Siebich verletzt, und
dieser trachtete fortan, wie er seines Herrn Geschlecht am sichersten ver¬
derben möchte. Schon waren seiner Rachgier Ermanrichs Sohne zum
Opfer gefallen. Mit übler Rede lenkte er das Herz des Königs nun
wider seine Neffen; zugleich machte er ihn gierig nach dem reichen Gold¬
schatz, der wohlverwahrt zu Breisach in der Bnrg lag. Wohl war der
treue Eckart, da er den bösen Plan am Hose Ermanrichs erfuhr, Tag und
Nacht geritten, daß er die Harlnnge warne. Er weilte wieder fern von
Breisach, als Ermanrich mit vielem Heervolk vor der Rheinburg erschien.
Heldenmütig war die Verteidigung; gleich jungen Löwen wehrten sich
Fritel und Jmbreck. Aber sie und ihre Getreuen erlagen der Übermacht,
und so grausam war Ermanrich, daß er die Brudersöhne erhenken ließ.
Sein Schicksal erreichte ihn in der Rabenschlacht, wo ein anderer Har¬
lnnge, Dietrich von Bern, den König vernichtete. Viele sagen, Eckart sei
es gewesen, der den Ermanrich erschlug. Jahrhunderte sind darüber hin¬
weggegangen; die Erinnerung an den getreuen Eckart aber blieb in vielen
Erzählungen lebendig. Es wird von ihm berichtet, daß er in Gestalt
eines alten Mannes mit wallendem weißem Bart schon manchen warnte,
den der böse Geist in Versuchung führen wollte. Deutschlands größter