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messer auf ihn los, aber er wäre sicher eine Bente des Tieres geworden,
hätte nicht ein Pfeil aus dem Dickicht den Wolf tot niedergestreckt. Vor
den erschrockenen Rudolf aber trat eine hohe Heldengestalt in langem
Mantel, von überirdischem Lichte umflossen. „Ich bin der heilige Kaiser
Karl; folge mir und fürchte Dich nicht." Rudolf tat also, und bald
befanden sie sich am Eingang einer mit Efeu bewachsenen Hohle. „Siehe,"
sprach der alte Kaiser, „es wird mir bisweilen vergönnt, durch Deutsch¬
lands Gaue zu wandeln, dann sollst Du mich immer hier besuchen und
ich will Dich unterrichten; damit Du aber wissest, wann ich hier bin, so
betrachte jede Nacht Dein Jagdmesser; wenn seine Spitze glüht, so komme
hierher." Mit diesen Worten verschwand die Gestalt, Rudolf aber kehrte
zu deu ©einen zurück.
Beim dritten Vollmond war die Spitze des Jagdmessers glühend
rot. Da stieg Rudolf zur Höhle hinab, und die freundliche Erscheinung
unterrichtete ihn in aller Weisheit. Denn es war bestimmt, daß der
Kaiserstamm der Hohenstaufen untergehen solle, und ein neuer, weiser und
starker Herrscher tat dem Vaterlande not. Deshalb stieg Kaiser Karl aus
dem Reiche der Seligen nieder.
Eines Tags kam ein Heergebot vom Kaiser Friedrich, Rudolf mit
den Mannen seines Vaters solle sich zum Kreuzzug stellen. Am Abend
vor dem Auszug war die Spitze des Jagdmessers wieder glühend und
Rudolf stieg in den Wald hinab. Kaiser Karl stand mit Krone und
Reichsapfel verklärt vor ihm, ließ ihn niederknien und sagte: „Es ist
nun das letztemal für lange Zeit, daß Du mich siehst; nur noch einmal
in Deinem Leben wirst Du mich erblicken, und das wird drei Tage vor
Deinem Tode sein."
Mit diesen Worten verschwand Kaiser Karl. Rudolf aber gelobte
feierlich, allen Vorschriften des Geistes treu zu sein.
Schauinsland I, Juli-Heft.
62. Die Hochburg.
Die alte Feste Ha chberg, jetzt Hochburg genannt, liegt auf
einer Felserhebung des langgestreckten, frei in die Rheinebene vortreten¬
den Hornwaldes. Auf seiner östlichen und südlichen Seite fließt in
scharfer Biegung der Breitenbach. Dieser kommt vom Hünersedel und
ergießt sich bei Emmendingen in die Elz. Nach dem breiten und offenen
Brettentale zu fallen die Bergwände steil ab, während sie auf der entgegen¬
gesetzten Seite gegen den Krummbach mehr flach und allmählich sich
senken. Auf diesem wenig geneigten Talgehänge liegt der ehemalige „Bau¬
hof“ mit seinen weitläufigen Gebäuden und Obstgärten (jetzt Ackerbau¬
schule).