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seinem Ring hinterließ er seiner Gattin die Hälfte als Wahrzeichen. Sieben 
Jahre solle sie sein warten, dann sei sie frei. Aber auch im heiligen 
Lande fand Kuno keinen Frieden. Von einem Sultan ward er gefangen 
und festgehalten. Vergeblich bot ihm der böse Feind des Sultans Tochter 
und Herrschaft an. Endlich freigekommen, verirrte er sich auf der Heim¬ 
reise in einem unendlichen Wald. Hier fand er seine drei Knappen wieder 
und gelangte mit ihnen an eine unabsehbare Mauer. Als die Knappen 
darüber kletterten und drüben verschwanden, erkannte Kuno auch hier wieder 
den Teufelsspuk. Auf sein Gebet verschwand die Mauer, hinter der das 
verwünschte Paradies, des Satans Reich, gewesen war. Er irrte weiter, 
und als er einst erschöpft eingeschlafen war, träumte er, jetzt gerade gehe 
seine Frau mit einem anderen zum Altar. Als Kuno erwachte, fand er zu 
seiner Verzweiflung, daß wirklich gerade die sieben Jahre zu Ende gingen. 
In dieser Verzweiflung hörte er auf die Worte des gespenstischen Jägers, 
der ihm versprach, ihn zeitig heimzutragen, wenn er unterwegs nicht schlafe. 
In Gestalt eines Löwen trug ihn der Böse durch die Luft. Und als Kuno 
in seiner Erschöpfung einschlafen wollte, setzten sich zwei Falken ihm auf 
Haupt und Füße und hielten ihn durch Fächeln ihrer Flügel wach. In Kirch- 
zarten setzte ihn der Böse auf einem Steine ab, der noch im Eck des Gast¬ 
hauses zur Fortuna — damals „zum Rindsfuß“ genannt — eingemauert ist. 
Gerade kam der Brautzug aus der Kirche zu Kirchzarten. Kuno folgte 
zur Burg, bat dort um einen Becher Weins, ließ seinen halben, treubewahr¬ 
ten Ring hineinfallen und reichte den Becher seiner Frau. Sie sah die Hälfte, 
warf die ihre dazu, und als die beiden Teile sich wunderbar vereinigten, 
erkannte sie ihren Gemahl und bat ihn reumütig um Verzeihung, die gern 
gewährt ward. Der Freier und die Hochzeitsgäste zogen eilends davon. 
Nun führten die so wunderbar Vereinigten ein gottesfürchtiges Leben, ihre 
Ehe ward gesegnet. Kuno soll nach seinem Tode sogar heiliggesprochen 
worden sein. Noch erscheint er irrenden Wanderern, erquickt sie und leitet 
sie auf den rechten Pfad. 
Diese schöne Erzählung ist die Sage von Heinrich dem Löwen, die 
bei allen europäischen Völkern verbreitet und bei uns am schönsten in dem 
alten Volksliede vom edeln Möringer, dem Minnesänger Heinrich von 
Mohrungen, gefaßt ist. Das schöne Grabmahl eines Kuno von Falkenstein, 
gestorben am 12. Mai 1343, in der Kirche von Kirchzarten, das den Ritter auf 
einem Löwen stehend, sein Wappenschild mit dem flügelschlagenden Falken 
zur Seite darstellt, war Ursache, daß die sinnvolle Sage sich hier anknüpfte. 
Möge sie nie vergessen werden und noch zur Standhaftigkeit im Unglück 
und in der Versuchung und zur Treue auch die künftigen Geschlechter er¬ 
muntern, wenn einmal der letzte Stein der Burg Falkenstein und mit ihm 
die Erinnerung an vergangene grauenvolle Untaten verschwunden ist. 
Fridrich Pfaff. 
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