Full text: Globuslehre, Außereuropäische Erdteile, Mathematische Geographie (Teil 3)

Die Polarländer. 
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Zum Schmelzen des Eises verwendet. Ein vollständiges Auftauen findet nur an 
günstig gelegenen Abhängen statt, wo dann die spärliche Pflanzenwelt keimt, vor- 
wiegend Zwergsträucher, Flechten und Moose. 
2. Eine Eigentümlichkeit der Polarwelt sind ferner ihre Tages- 
und Nachtlängen. Die Dauer des längsten Tages und der längsten Nacht wächst 
von 24 Stunden am Polarkreis bis zu sechs Monaten an den Polen. Am Nordpol 
geht die Sonne 186 Tage nicht unter und 179 Tage nicht auf; am 80. Breitenkreis 
bleibt die Sonne 134 Tage über dem Horizont, am 70. 65 Tage. Doch verkürzt die 
Dämmerung die Länge der Nächte bedeutend. Überdies wird die Polarnacht noch 
gemildert durch das Polarlicht (Nordlicht, Südlicht). 
3. Die klimatischen Verhältnisse erklären die tiefe Lage der Schnee- und 
Eisgrenze, die hier bis zum Meeresspiegel herabsteigt (Abb. S. 102). 
Das Innere Grönlands ist völlig unter dem sog. Inlandeis begraben, einer Eis- 
kappe von 1000 in Mächtigkeit, die heute noch das getreue Bild der eiustigeu Eis¬ 
zeit gibt. Nur die höchsten Spitzen ragen als sog. Nuuatakr hervor. 
4. Den Polargebieten entstammen auch die kalten Meeresströ- 
mungen und die aufsteigenden Tiefenwasser an den Küsten. Vom 
Nordpolarmeere her zieht z. B. die Labradorströmung, die oft verheerend auf 
die Kulturen der atlantischen Küste in den Vereinigten Staaten wirkt, von der Antarktis 
die Benguellaströmung, die die Ursache der Regenarmut Deutsch-Südwest- 
afrikas wird, dann der Perustrom, der die Westküste Südamerikas bespült. 
5. Große Gegensätze weist die Polarwelt in der Verteilung von 
Land und Wasser auf. Um den Nordpol breitet sich, wie Nansen zuerst 
festgestellt hat, eine inselarme Tiefsee aus, bis 3000 m absinkend. Die arktischen 
Länder, die das Polarmeer umschließen, sind Reste eines alten Schollenlandes, 
das mit den angrenzenden Kontinentalmassen ehedem in Zusammenhang stand. 
Vulkanherde finden sich auf Island und Jan Mayen. 
In der Antarktis beweisen die tafelförmigen Eisberge, dann die große Eis- 
mauer von 400 m Mächtigkeit, die den Norden umsäumt, ein Überwiegen des Land- 
eises, und dieser Umstand wieder hat zur Annahme eines ausgedehnten Südpolar- 
kontinents, der Antarktis, geführt. Der Vulkanismus hat hier eine viel stärkere 
Entfaltung als im Norden; einzelne Vulkane wie der Erebus (3890 m) waren 
bei ihrer Entdeckung (1841) noch tätig. 
Die eigentliche Antarktis wird umgürtet von einem 5—6000 m tiefen, 
stürmischen Meere, das sie von den südlichen Kontinenten trennt. Viktorialand, 
anscheinend der Kern der antarktischen Landmassen, hat Erhebungen über 4000 m. 
In Kaiser-Wilhelms II.-Land, südöstlich von den Kerguelen, entdeckte die 
deutsche Südpolarexpedition 1902 unter der Führung von Prof. Dr. Erich von 
Drygalski den 336 in hohen Gaußberg (Abb. S. 102), und vom Wedell-Meer 
aus, südöstlich vom Kap Hoorn, suchte eine neue, im Mai 1911 unter Oberleutnant 
Milchner abgegangene deutsche Südpolarexpedition die Frage nach dem Zusam- 
menhang von Ost- und Westantarktis zu lösen. Der Amerikaner Leutnant Shackle- 
ton drang von Viktorialand bereits bis auf 180 km zum Südpol vor, und der Nor- 
weger Roald Amnndsen erreichte am 15. Dezember 1911 nach Überschreitung
	        
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