Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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den Verklagten mit notdürftigem Beweise überführen könne." Der Kurfürst sah 
jetzt selbst die Akten ein, strich einige Punkte der Anklage und befahl, weiter 
nach dem Rechte zu verfahren. Bald darauf berichtete Turham, daß auf Grund 
der ersten fünfzig Anklagepunkte (man hatte deren zweihundert und neunzig 
aufgestellt) keine Verurteilung erfolgen könne, und bat mit neue Schuldbeweise. 
Die Untersuchung wurde weiter fortgeführt, dem Gefangenen aber unterdessen 
die Haft erleichtert. Das Resultat aller Untersuchuugsinstanzen war endlich der 
Antrag auf Freisprechung und Entlassung aus der Haft, da die Akten keinen 
Anhalt zur Verurteilung böten. Friedrich erließ darauf nach gründlicher Er¬ 
wägung des bezüglichen Berichts an die Generaluntersuchungskommission im 
Jahre 1704 den von dem Grafen von Wartenberg gegengezeichneten Bescheid: 
„Uns ist am besten bekannt, durch was für eine Condnite und actiones ge¬ 
dachter von Danckelmann in unsere Ungnade verfallen und seindt wir persuadiert, 
daß die Strafe, die er deshalb leidet, nicht zu hart, bevorab wir dieselbe aus 
gewisse Maße moderiert haben. Es hat daher mich dabei nun och sein Be¬ 
wenden." 
Als nach drei Jahren der erste Enkel des Königs geboren wurde, schlug 
für Danckelmann die Stunde der Freiheit. Es wurde ihm jedoch die Stadt 
Kotbus als Wohnort bezeichnet mit der Anweisung, sich niemals in die Nähe 
Berlins zu begeben. Sein Vermögen erhielt er nicht zurück; indessen bestimmte 
der Kurfürst ihm ans den Einkünften desselben ein Jahrgehalt von 2000 Tha¬ 
lern. Erst unter Friedrich Wilhelm I. trat er, vollständig begnadigt, in den 
Staatsdienst zurück. Er starb 1722 in einem Alter von achtzig Jahren als 
Erblandpostmeister und Oberpräsident in Berlin. 
Danckelmanus rücksichtslose Weise gegen den Kurfürsten, zuerst ans Wohl¬ 
wollen ertragen, dann aber übel vermerkt, seine abstoßende Behandlung der 
andern hohen Beamten, der ihm selbst von Friedrich zur Last gelegte Egoismus, 
die einflußreichsten Stellen seinen nächsten Verwandten zugewendet zu haben, 
einerseits und das allzugroße Vertrauen, welches Friedrich den Feinden Danckel- 
manns schenkte, andererseits verschulden zum Teil das traurige Geschick des so 
hoch verdienten Staatsmannes. Die Hauptschuld trifft jedenfalls die neidischen 
und intrignanten Widersacher Danckelmanus, die es wohl verstanden, durch Ver¬ 
dächtigungen und schurkenhafte Intriguen den Kurfürsten in der Überzeugung 
zu befestigen, daß Danckelmann das Staatsinteresse verletzt und nach einem ver¬ 
brecherischen Einfluß auf den Kurfürsten gestrebt habe. Jedenfalls verfuhr der 
Kurfürst im Bewußtfein des Rechts, dafür bürgt feine ihm von niemand be¬ 
strittene Frömmigkeit und Herzeusgüte, sowie auch Danckelmann von der Schuld¬ 
losigkeit seines Handelns überzeugt war und blieb. 
In die Stelle Danckelmanus trat Wartenberg, ein Meister in der 
Heuchelei und Verstellungskunst. Es gelang ihm, in der Gunst des Kurfürsten 
sich festzusetzen. Um sie zu bewahren, kam er allen Lieblingsgedanken Friedrichs 
entgegen. Er wußte stets neue Quellen zu entdecken, aus welchen die Mittel
	        
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