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Zuges, den der König auf der Landstraße in der Nähe Berlins traf. Er selbst
stimmte ein geistliches Lied an, in tiefer Frömmigkeit fangen die Vertriebenen
es ihm nach, gewiß, daß fein Abschiedsgruß „Reifet mit Gott" die lauterste
Wahrheit feines ergriffenen Herzens war. Für etwa 5—6000 Kolonisten
hatte der König Sorge getroffen, aber auf die Meldung, daß ihrer viel mehr
feien, schrieb er: „Sehr gut. Gottlob! Was thut Gott dem brandenbnrgifchen
Hanfe für Gnade! Denn dieses gewiß von Gott kommt!"
Im ganzen kamen 20 694 Salzburger, von denen 15 508 in der Provinz
Preußen und zwar 11 989 auf Staatskosten angesiedelt wurden. Die meisten
von ihnen waren Bauern, die Ackerland, Wohnhaus, Wirtschaftsgebäude, Ab-
gabenfreiheit für die ersten drei Jahre, das nötige Vieh, die Aussaat und
Ackergeräte erhielten. Freilich bewährten sich auch hier wie sonst nicht alle
Zuzügler als gute Wirte, aber doch die überwiegende Mehrzahl. Und wenn
der König einmal, da eine Sturmflut wieder furchtbare Verwüstungen ange¬
richtet hatte, „feiner preußischen Haushaltung müde wurde und anfing zn
glanben, daß er nit reußireu werde," so ließ er doch die Hoffnung nicht sinken,
„er werde nicht müde werden, und wieder von vorn anfangen." Aufs glänzendste
wurde feilte Arbeit belohnt. Im Jahre 1739 kam der Kronprinz auf Befehl
des schwer kranken Vaters zur Inspektion nach Preußen, mit) hier vor allem
wird er die ganz außerordentliche Bedeutung des Vaters erkannt haben.
Völlig hingenommen von dem Riesenwerk schreibt er an Voltaire: „Der König
habe im Anfang seiner Regierung dort zwölf oder fünfzehn entvölkerte Städte,
vier- oder fünfhundert wüste Dörfer, ein verkommenes Land gefunden; nun
habe Litauen über eine halbe Million Einwohner, mehr Städte als früher,
größere Herden; der Handel blühe aufs neue, das Land fei bestellt, fei reicher
und fruchtbarer als irgend eine Gegend Deutschlands, und alles das verdanke
man allein dem Könige; er habe es nicht nur befohlen, sondern selbst der Aus¬
führung vorgestanden, alle Pläne habe er selbst entworfen und allein voll¬
zogen, keine Mühe, keine Sorgfalt, feine noch so großen Kosten, keine Ver¬
sprechungen und Belohnungen habe er gespart, um einer halben Million
denkender Wesen ein Glück und ein Dasein zu schaffen, das sie ihm allein
verdanken."
4. Friedrich Wilhelm l. und der Kronprinz.
Oskar Jäger, Weltgeschichte in vier Bänden. Bielefeld und Leipzig 1888.
Das Privatleben dieses kraftvollen, in rauhen Formen durchaus braven
und wohlwollenden Herrschers hat vor allem darum das Interesse gefeffelt, weil
es zugleich die Jugendgeschichte des größten und interessantesten Herrschers aus
dem hohenzvlternschen Hause in sich schließt, und von diesem Standpunkt aus
pflegt man es zu betrachten: es bietet aber auch an und für sich ein bedeut¬
sames Bild der Zeit. Es ist das Leben eines deutschen Mannes von alter und