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was er war. durch die straffe Zucht und bett prosaisch ernsten Sinn, zu dem
der Vater bett weichen, sinnlichen Jüngling heranzog.
Es sinb harte unb furchtbare Tage vorausgegangen, bis ber innere Zwie¬
spalt zwischen beibeit überwunden war: bann lernte aber ber Sohn bes Vaters
rastlose unb pflichteifrige Thätigkeit so würdigen, wie sie es verdiente, und der
Vater hat es mit Stolz und Dankbarkeit anerkannt, daß er einen solchen Nach¬
folger hinterlasse. Und doch mochten die wenigsten damals eine richtige Ahnung
Don dem künftigen König haben. Das Leben, das Friedrich zu Rheinsberg
mit feinen Freunden führte, zeigte einen heiteren, geistreichen Kreis, der iit
epikuräischem Behagen jeden erlaubten Genuß zu sich heranzog, der an Poesie
und Kunst sich ergötzte, der in anmutigen Gesprächen und Scherzen die Zeit
hinbrachte — so daß, wenn sich nach diesen Anfängen die Zukunft bestimmte,
eher eine friedfertige tnebicäifche Epoche zu erwarten schien, als ein bewegtes,
sturmvolles, bie alte Welt erschütterndes Regiment. Friedrich selbst freilich hatte
über dem Genusse die ernsten Dinge nicht vergessen; er tändelte und scherzte
zwar mit den Freunden, er gab sich mit ganzer Lebensfreude dem Genusse
heiterer Geselligkeit uud Freundschaft hin uud pries oft diese Zeit als die glück¬
lichste seines Lebens, aber seine Gedanken wie seine Thaten haben doch immer
zugleich den ernsten Hintergrund, aus den ein großer Berus ihn hinwies. Er¬
lernte ans allem, er ergriff das Mannigfaltigste mit gleicher Virtuosität, er
war in kriegerischen und administrativen Dingen, in Sachen des Handels und
der Industrie besser bewandert und dieser Prosa des Lebens mit regerem
Interesse zugewandt, als es selbst die ihm zunächst Stehenden ahnten. (Sein
Leben und seine Briefe ans jenen Tagen lassen uns einen reichen und viel¬
seitigen Geist erkennen, der sich mit wunderbarer Elasticität an das Verschieden¬
artigste heranwagt, und den neben heiteren Scherzen die tiefsten Fragen der
Philosophie und Religion ernstlich beschäftigen; sie zeigen uns daneben ein
warmes, für Freundschaft empfängliches Gemüt und einen milden, humanen
Sinn, aber auch ein Ehrgefühl und einen Mannesstolz, der keine Demütigung
ertrug, und ein Gefühl von Pflicht und Verantwortlichkeit, wie es nie in
höherem Maße ein Königssohn in sich getragen hat.
So bestieg Friedrich II. den Thron; schon seine ersten Schritte ließen in
jedem Zuge den König erkennen. Die etwa hofften, er werbe nun Rheinsberg
nach Potsdam tragen, wurden freilich enttäuscht; Freunden, Genossen und Ver¬
wandten gegenüber zeigte er den Herrscher in seinem Ernst und seinem Pflicht¬
gefühl. Die geistreichen Gesellschafter und Freunde blieben zwar dem König,
was sie dem Kronprinzen gewesen; aber sie regierten den Staat nicht und
teilten sich nicht in die hohen Ämter und Stellen. Dagegen ward manche
schadenfrohe Hoffnung vereitelt, daß der junge König feinen Groll auslasten
würde gegen Widersacher des Kronprinzen. In den Organen und Personen,
womit der Vater regiert, trat zunächst kein wesentlicher Wechsel ein; vielmehr
war ein ähnlicher Ton von Sparsamkeit, Strenge uitd Pflichteifer unter dem
Meyer, Hohenzollernbuch. I. Bd. 19