8. Brasilien. 
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und gelbschwarze Kinder wälzen sich im Sande, im Grase. Ein paar 
Räderspuren im Sande wollen hier gelten sür das, was man bei 
uns eine Landstraße zu nennen pflegt. Nach meilenweitem Ritte 
kommen wir wieder an eine solche armselige Lehmhütte. Sie ist 
Wirtshaus und Kramladen zugleich. Wir lassen sie liegen; sie ist 
wenig einladend, noch viel weniger das Geschrei, das aus ihr heraus- 
dringt. Ein quiekender, knarrender, kreischender Ochsenkarren, 8 Ochsen 
davor, rollt uns entgegen, langsam, schwerfällig, ruckweise. 
Anser Auge wird endlich müde. Grau, nicht frisch grün das 
Grasmeer, graugrüne Wäldchen und Gebüsche, graublau der Himmel, 
grau die herrschende Farbe. 
Nach mehrtägigem Ritt, auf dem wir mehrmals doch notge- 
drungen in einem solchen Kramladen übernachten mußten, nähern wir 
uns dem Gebirge. Von Urwald bestanden, erheben sich die Berge. 
Wir ersteigen den Höhenrücken, aufatmend in der kühlen Waldlust. 
Endlich öffnet sich vor unsern Blicken ein weites, liebliches Tal wie 
ein Zauberland. In seiner Mitte an einer gut gepflasterten Straße 
eine Reihe blendend weiß getünchter Ääuser, darum herum die frucht¬ 
barsten Felder, von Getreide, Mais und Bohnen bestanden, da¬ 
zwischen Gruppen von Obstbäumen; in den Straßen rosen- 
wangige Gesichter, blondes Äaar, blaue Augen, kräf¬ 
tige deutsche Gestalten, deutscher Laut allenthalben. 
Wir sind in einem Dorfe der deutschen Kolonie. Deutsche Gast- 
freundschast empfängt uns. Während auf der ganzen Reise Bohnen, 
Speck, Mais und schwarzer Kaffee unsere Nahrung, der Sattel 
unser Kopskissen, die Satteldecke unser Bett waren, stehen jetzt vor 
uns auf deutschem Familientische Brot, Wurst, Spiegeleier, Kaffee 
mit Milch, die uns als ganz auserlesene Genüsse erscheinen, und am 
Abend nimmt uns aus — ein deutsches Bett. 
Das ist ja alles sehr schön und gut, beweist aber schließlich 
nur, daß die Deutschen tüchtige Menschen sind. 
Nützen aber uns, die wir daheim im deutschen Vater- 
lande sitzen, diese Äinausgewanderten etwas? 
Es wäre ein grober Irrtum, wollte man annehmen, diese 
deutschen Siedler sollten an ihrem neuen brasilianischen Vaterlande 
hinterlistig und falsch handeln, sie sollten etwa nur darauf sinnen, 
wie sie das Land, das sie aufgenommen hat, unvermerkt dem Deut- 
schen Reiche in die Äand spielen könnten. Nein, sie sollen gute 
Brasilianer sein, ohne dabei die alte Äeimat zu vergessen. 
Hauptmann, Nationale Erdkunde. 13
	        
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