Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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unbedeutende Männer, die bloß durch einige zufällige Umstände historische 
Wichtigkeit erlangt haben. 
Fragt man nach dem Charakter und Werte dieser Berliner Franzosen, so 
können die zwei bekanntesten von ihnen, La Mettrie und der Marquis 
d Argeus, uns am besten zeigen, wie wenig dieselben in geistiger und sitt¬ 
licher Hinsicht ausgezeichnet waren. Der erstere war ein sehr unwissender 
Mensch, hatte aber die Keckheit, fremde Erfindungen und Wahrnehmungen für 
die seinigen auszugeben, und brachte den Spott und Witz eines Voltaire und 
anderer in ein förmliches System der Tatenlosigkeit und groben Sinnlichkeit. 
Alle feine Schriften sind auf widrige Weise mit trostlosen Lehren des Lasters 
angefüllt, und diese werden mit solcher Heftigkeit vorgetragen, daß selbst der 
Marquis d'Argens sagte, La Mettrie predige das Laster mit der Unverschämt¬ 
heit eines Narren. La Mettries Bücher wurden in Paris ans Befehl des 
Parlaments, in Leyden durch den Magistrat der Stadt verbrannt. Als er 
ebenso aus Holland, wie früher aus Frankreich, vertrieben wurde, ließ Friedrich 
der Große ihn nach Berlin kommen. Hier war er dann bis zu seinem Ende 
einer der Gesellschafter des Königs und wußte sich als Schmeichler und Spa߬ 
macher bei diesem so sehr beliebt zu machen, daß Friedrich nach La Mettries 
4.cid sogar eine Lobrede ans ihn schrieb. Um dies erklärlich zu finden, muß 
man bedenken, daß Friedrich gerade zu der Zeit, als er mit La Mettrie in 
Verkehr trat, gegen das Treiben der Frömmler, Heuchler und Pedanten, welche 
unter seinem Vater geherrscht hatten, am heftigsten ausgebracht war und sich 
in der Gesellschaft witziger Franzosen für die Langeweile entschädigte, die er 
als Kronprinz hatte ausstehen müssen. 
Der Marquis d'Argens war in seiner Jugend Advokat und Offizier 
gewesen und hatte sich nachher durch Ausschweifungen, Schulden und Hader 
mit seiner Familie genötigt gesehen, nach Holland zu geheu. Hier ernährte er 
sich damit, da]} er schriftstellerische Spekulationen aus den Geist der Zeit machte. 
(£r verfertigte nämlich Bücher, welche in Voltaires und Montequieus Manier 
geschrieben waren. Durch die große Dreistigkeit, mit welcher d'Argens die her¬ 
gebrachten Meinungen und das herrschende System angriff, erwarb er sich den 
Beifall Voltaires uud dieser empfahl ihn dem Könige Friedrich, der ihn dann 
an seinen Hof zog. d'Argens blieb bis an seinen Tod bei Friedrich, ward als 
Marquis und wegen seiner feinen Manieren der Vertraute desselben und erhielt, 
da seine Bücher Glück machten, sogar die Stelle eines Direktors der Klasse der 
schönen Wissenschaften an der Berliner Akademie. Übrigens hatte er sich in 
seinem früheren Lebenslaus Menschenkenntnis erworben und viele Ersahruugen 
gesammelt. Vsn Frankreich kannte man ihn nur dem 9Znnten nach; für Deutsch¬ 
land ist er dadurch bedeutend geworden, daß er in Berlin als Apostel eines 
neuen Evangeliums wirkte. Diese seine Wirksamkeit hatte für die deutsche Litte¬ 
ratur eine wohlthätige Leite. Der große Einfluß des Marquis und seine 
Stellung bei der Berliner Akademie erweckten nämlich in Verbindung mit seiner
	        
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