Full text: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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ein Bündnis einzugehen, in dem sie sich zum Kampfe gegen Friedrich, zur Rück¬ 
gabe Schlesiens an Österreich verpflichtete, wenn Friedrich nicht etwa nur Öster¬ 
reich, sondern selbst dann, wenn er Polen oder Rußland angreife (2. Mai 1746). 
Hut) um nun Friedrich hierzu zu nötigen, um ihn wieder als den Friedens- 
brecher hinstellen zu sönnen, wollte Rußland das mit Friedrich verbündete 
Schweden mit Krieg überziehen und ließ seine Truppen volle acht Jahre lang 
an den preußischen Grenzen hin und her „demonstrieren". Friedrich dachte 
nicht daran, sich in solchen Kampf verwickeln zu lassen, und meinte, solange er 
mit England gut stehe, habe er von Rußland auch trotz der guten Beziehungen 
beider Staaten zu einander nichts zu fürchten; ja die bösen Absichten Rußlands 
aus Schweden befestigten sogar die Beziehungen zu Frankreich, da dieses Schwe¬ 
den nicht sinken lassen und dem russischen Einfluß sowohl in Schweden wie auch 
in Polen durch Preußen allein die Wage halten konnte. 
Mit größter Geschicklichkeit verstand Friedrich jahrelang solche Gegensätze 
in den europäischen Interessen zu benützen, um mit klug verständigem Wort, 
mit weisem Verhalten die Kriegsfurie niederzuhalten. Doch das gerade gefiel 
dem bösen Nachbar nicht. Ter österreichische Staatskanzler Graf Kaunitz und 
seine Kaiserin Maria Theresia hatten fein brennenderes Verlangen, saunten 
feine andere Politik, als die, welche ans den Wiedererwerb Schlesiens, welche 
eins die Zerstückelung Preußens bis zu dem vor der Zeit des dreißigjährigen 
Krieges bestehenden Umfang abzielte. Diesem „großen Dessein" mußten alle 
nach preußischem Beispiel unternommenen Reformen im Innern Österreichs die¬ 
nen, nach ihm mußten sich die europäischen Beziehungen richten und umformen 
lassen. Wohl hatte man, wie bemerkt, hierfür die herzliche Zustimmung Ru߬ 
lands, drty Ostpreußen sür sich zu gewinnen hoffte; aber die Schwerfälligkeit 
der russischen Armee und der Geldmangel ant Petersburger Hofe ließen deutlich 
erkennen, daß das russische Bündnis immerhin ein guter Grund, nimmermehr 
aber das Gebäude selbst sein konnte, in dein man das Wohnen sich so behaglich 
dachte, und in dem für Preußen eben nur der letzte Winkel vorgesehen war. 
Man bedurfte eines stärkeren, vor allem eines wohlhabenden und freigebigen 
Bundesgenossen, mit dessen Hilfe man Friedrich niederwerfen konnte. Die See¬ 
mächte aber, deren Interessen Maria Theresia ohnehin in den Riederlmtdeit 
durch Mißachtung ihrer übernommenen militärischen Verpflichtungen, wie durch 
Änderung des Zolltarifes schwer verletzt, hatten durchaus feinen Grund, den 
Ruin Preußens zu wünschen. Sie heischten ganz andere Ausgaben von Öster¬ 
reich und wünschten den Krieg gegen Preußen möglichst zu vermeiden. So war 
für Österreich der Anschluß an Franfreich geboten. Das war nun zwar schon 
lange in Wien ersannt, und sowohl ein politischer wie ein religiöser Grund 
hatten das französische Bündnis in Wien längst schon zum Brennpunkt aller 
Politik gemacht. Ihm lag die Gemeinsamkeit des katholischen Bekenntnisses zu 
Grunde, und es gewährte die Aussicht, wieder zu der alten Machtstellung zu 
gelangen, in welcher matt in der Herrschaft über das Reich nur mit Frankreich
	        
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