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lang dauerte. Aber auf beiden Seiten war die Erschöpfung groß; auch fehlte
es an Munition, so daß es zu keinem ernstlichen Angriffe kam. Fermor hielt
nun um einen Waffenstillstand von einigen Tagen an, unter dem Vorwande,
die Toten zn begraben. Friedrich ließ ihm antworten, dies fei die Pflicht des
Siegers. So benutzte Fermor die folgende Nacht, den linken Flügel des preußi¬
schen Heeres zu umgehen und feine Wagenburg wieder zu gewinueu, wo er
sich vorläufig verschanzte.
Gefangene waren am Tage der Schlacht von Zorndorf auf beiden Seiten
nur wenige gemacht worden. Man hatte Pardon weder gegeben noch genom¬
men. Man sagt, Friedrich selbst habe es verboten gehabt. Erst am folgenden
Tage war eine größere Anzahl der versprengten Russen in die Hände der
Preußen gefallen. Die Verluste waren im ganzen sehr bedeutend. Friedrich
hatte über 11000 Mann, die Russen das Doppelte verloren. An Trophäen
hatten die Preußen 103 Kanonen und 27 Fahnen uud Staudarteu erobert.
„Der Himmel hat Ew. Majestät heute wieder einen schönen Sieg gegeben!"
so redete der englische Gesandte, Sir Mitchell, der Friedrich in den Krieg ge¬
folgt war, letzteren auf der Wahlstatt an. „Ohne diesen" —■ erwiderte Fried¬
rich und zeigte dabei auf Sehdlitz — „ohne diesen würde es schlecht mit uns
aussehen." Seydlitz aber lehnte das ehrenvolle Wort bescheiden ab und sprach
das ganze Verdienst der gesamten Reiterei zu. Auch fand sich Friedrich ver¬
anlaßt, dem Feldmarfchall Dann den wahren Erfolg der Zorndorfer Schlacht
zu melden. Ihm war nämlich ein Brief Dauns an Fermor in die Hände ge¬
fallen, worin dem russischen Heerführer geraten ward, er möge keine Schlacht
loa gen mit einem listigen Feinde, den er noch nicht kenne; er möge nur zögern,
bis Dauns Unternehmen auf Sachsen zu Ende gebracht fei. Friedrich schrieb
nun zurück: „Sie haben recht gehabt, dem General Fermor zn raten, daß er
vor einem feinen und listigen Feinde, den Sie besser kenneten, aus seiner Hut
sei. Denn er hat Stich gehalten und ist geschlagen worden."
Unter den Gefangenen befanden sich fünf russische Generale. Als diese,
noch aus dein Schlachtfelde, dem Könige vorgestellt wurden, bedeutete er sie,
wie er bedauere, daß er kein Sibirien habe, wohin er sie schicken könne, damit
sie für ihre barbarische Weise der Kriegführung bestraft uud ebenso behandelt
würden, wie in Rußland die preußischen Offiziere. Sie fanden darauf ihre
Wohnungen in den gewölbten Kellern unter den Wällen Küstrins. Als sie
dorthin geführt wurden und gegen einen solchen unziemlichen Aufenthalt pro¬
testierten, erwiderte ihnen der Kommandant, mit Rücksicht auf die Erklärung
des Königs: „Sie haben, meine Herren, nicht mir, sondern der armen Stadt
die Ehre angethan, sie zu beschießen, und sich selbst kein Hans übrig gelassen.
Sie müssen für jetzt so vorlieb nehmen!" Indes gestattete Friedrich schon nach
einigen Tagen, daß die russischen Generale ihre Keller verlassen und sich in der
nicht abgebrannten Neustadt vou Küstrin Wohnungen mieten durften. Ja, als
darauf die Nachricht von einer milderen Behandlung der Preußen in Petersburg