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II. Das Zeitalter der Religionskriege.
der neuen Lehre. Damals waren England und Schottland noch getrennt,
und jedes Land bildete ein Königreich für sich. Auf katholischer Seite be-
zweifelte man das Anrecht Elisabeths auf den Thron, weil ihre Mutter,
Anna Boleyn, nicht die rechtmäßige Gemahlin Heinrichs VIII. gewesen fei'
Die Königin von Schottland Maria Stuart erhob deswegen Ansprüche
auf die englische Krone. Sie war nach dem frühen Tode ihres Vaters in
Frankreich, von wo ihre Mutter stammte, streng katholisch erzogen und später
mit dem König Franz II. von Frankreich vermählt worden. Während sie
sich hier aufhielt, hatte John Knox die Lehre Calvins in Schottland ver-
breitet. Als Maria nach dem Tode ihres Gemahls 1560 heimkehrte, ver¬
folgte sie die Reformierten, mußte sie aber später dulden. Überdies mißfiel
ihr Leben den sittenstrengen Schotten. Als sie endlich nach der Ermordung
ihres zweiten Gatten den Mann heiratete, dem die Tat fchuldgegeben wurde,
empörte sich das Volk gegen sie. Im Felde wurden ihre Anhänger besiegt'
sie selbst entfloh 1568 nach England. Elisabeth nahm sie auf, hielt sie
aber in strengem Gewahrsam. Da mehrere Mordanschläge gegen das Leben
Elisabeths zugunsten der schottischen Königin unternommen wurden, wurde
Maria zuletzt vor Gericht gestellt, wegen Teilnahme an den Anschlägen ver¬
urteilt und _ 1587 hingerichtet. Da rüstete Philipp II. von Spanien die
„unüberwindliche Armada" gegen England. Hundertdreißig gewaltige
Kriegsschiffe gingen unter der Führung des Herzogs Medina Sidonia aus
spanischen Häfen in See. In England zeigte sich vielfach große Besorgnis,
aber Elisabeth bewahrte die größte Ruhe und Entschlossenheit. Im Juli
1588 sah man die Wimpel der spanischen Schiffe von der Höhe von Ports-
mouth ans. In langer Kiellinie fuhr Medina Sidonia in den Kanal, aber
die Engländer Howard und Drake umschwärmten auf kleinen beweglichen
Schiffen die schwerfälligen Kolosse und fügten ihnen viel Schaden zu. Ein
Sturm trieb die fpanifche Flotte auf die Sandbänke an der Mündung der
Schelde, wo viele Schiffe scheiterten. Andere verlor Sidonia in einem zweiten
Sturm, als er die Hebriden umsegelte. Das Unternehmen Philipps war
vollständig mißglückt und die Reformation in England gesichert.
§ 117. Die Hugenottenkriege. In Frankreich hatte sich die neue Lehre
von Genf aus namentlich im Süden verbreitet. Ihre Anhänger führten hier
den Namen Hugenotten (das heißt wahrscheinlich Eidgenossen). Die Seele
der Römisch-Katholifchen war die Familie Guise. Zwischen beiden Parteien
kam es zu einem dreißigjährigen inneren Kriege, dessen schrecklichstes Ereignis
die Pariser Bluthochzeit 1572 war. Um einen Religionsfrieden herbei-
zuführen, wollte der katholische König Karl IX. seine Schwester Margarete
mit dem reformierten Heinrich (deiti späteren IV.) von Bourbon vermählen.
Zur Feier der Hochzeit waren viele Hugenotten nach Paris gekommen. In
der Nacht vor dem Bartholomäustage (24. August) wurden viele von ihnen
ermordet, vor allen ihr Haupt, der Admiral Coligny. Heinrich rettete sich
dadurch, daß er katholisch wurde. Die Verfolgung der Hugenotten erstreckte
sich über ganz Frankreich.
In dem neu ausbrechenden erbitterten Kriege war Heinrich, der als-
bald zur protestantischen Lehre wieder zurückgetreten war, der Führer seiner
Glaubensgenossen. Als der letzte König aus dem Hanfe Valois von einem
Meuchelmörder niedergestoßen wurde, ging nach dem Thronfolgerecht die Krone
auf Heinrich über; aber als Paris trotz der Siege, die er über feine Gegner