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der Mühlenräder, bocf) die Bogenlaubengänge, hinter deren geöffneten Wöl¬
bungen Verkaufslüden entstanden sind, sperren den Blick aus die Spree und
entziehen den regen Verkehr auf Kähnen und größeren Booten, die rastlose
Thätigkeit der Färber und Gerber an ihren Ufern den Augen der Vorüber¬
gehenden. Über einem hohen Portale erhebt sich das Brustbild Friedrich Wil¬
helms. Welch reger Verkehr herüber und hinüber über den Mühlendamm!
Hier wandeln ehrsame Bürgersleute, das Haupt von langen Perücken nmwallt,
im dunkelfarbigen langen Rock mit weiten Ärmeln und großen Ausschlägen,
mit Kniehosen und langen Strümpfen, in breiten Schnallenschuhen, den Rohr¬
stab in der Hand; dort rückt eine Pikenierabteilnng zur Ablösung von dem
Wachthause am Molkenmarkt heran; hier fährt ein mit einem Plan gedeckter
Bauernwagen, dort eine in Riemen hängende und mit Schuörkeleien geschmückte
schwerfällige Chaise: hier sieht man Reiter, dort Arbeitsleute im Werktagszeuge
den Schubkarren schiebend!
Unter lebhaften Gesprächen sind die drei Reiter ans den Molkenmarkt ge¬
langt, wo das Haus des Generals Barfuß unter anderen hervorragt. Vor
demselben sieht Konrad Fuchs zwei Gestalten, die ihm in ihrer Tracht nicht
unbekannt erscheinen. Jenseit des Rheines hat er sie oftmals gesehen, diese
mit Gold und Silber gestickten Überröcke über der wamsförmigen Ärmelweste
und dem schöngefalteten Hemde mit der Busenkrause, diese nach der Seite auf-
g es raupten und mit farbigen Federn geschmückten Hüte, diese zierlichen Galanterie¬
degen, diese engen Knie- und Strumpfhosen. Seine Begleiter bestätigen ihm
aus seine Frage, daß er hier einige der französischen Resngies vor sich sieht,
welche durch die Großmut des Kurfürsten in Berlin eine Zufluchtsstätte ge¬
funden haben.
An St. Nikolais hochragendem Bau vorüber lenken die Reiter ihre Roffe
in die Spandauerstraße, wo im vielbesuchten Gasthaus „zum Hirsch" der Heim¬
gekehrte einstweilen abzusteigen gedenkt. Hier verabschieden sich die Freunde von
ihm; doch bevor sie scheiden, mahnt ihn der eine von ihnen, Christoph Scharden,
die schon übermittelte Einladung zum Mittagstische seines Verwandten, des
Bürgermeisters von Berlin, Levin Schardius, nicht zu vergessen. Dann traben
die beiden Berliner davon, hinter Fuchs und seinem Rosse schließen sich die ge¬
öffneten Flügel des Wirtshausthores.
Während Fuchs drinnen sich vom Ritte erholt, wollen wir einen Blick auf
die Umgebung feines Wirtshaufes werfen. Dort drüben an der Ecke der Ge¬
orgen- (jetzt König-) und Spandauischenstraße erhebt sich das Rathaus von Berlin,
ein massiges Backsteingebäude von zwei Etagen Höhe; ein Turm mit Uhr und
Wetterfahne ziert den Bau. Die letztere zeigt oben einen achtstrahligen ver¬
goldeten Stern und eine Fahne aus starkem Kupferblech in der Figur eines
aufrechtstehenden Bären mit vergoldetem Halsband, der einen Schild mit ver¬
goldetem Kurscepter vor sich hält. In dem Rathaus befindet sich die Stadt¬
verwaltung, die von einem Bürgermeister und den Ratsherren nebst den durch
Mcyer, Hohenzvllernbuch. I. Bd. ß