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der Insel Korea anerkannten und sich jeder Einmischung in deren
Angelegenheiten zu enthalten verpflichteten. In demselben Jahre
überreichte der russische Minister Graf Murawjew im Aufträge
des Zaren den Vertretern aller in -Petersburg beglaubigten Mächte
einen Abrüstungsvorschlag, der die Berufung eines Friedenskongresses
im Haag zur Folge hatte.
Der Russisch-Japanische Krieg. — Seit zwanzig Jahren
schwebt zwischen Rußland und Japan der Streit um die Halbinsel
Korea zwischen dem Japanischen und Gelben Meer. Den Japanern
erscheint diese Halbinsel, die die Brücke bildet zwischen Japan und
der Mandschurei, begehrenswert, weil sie dieselbe als natürliche
Fortsetzung ihres Jnselreiches und als Stützpunkt ihrer Unter¬
nehmungen auf dem Festlande betrachten. Die Russen andererseits
erstreben den Besitz dieser Halbinsel, um aus diese Weise in den
Besitz der eisfreien Häfen zu gelangen, die ihnen an der sibirischen
Küste fehlen. Zudem ist Korea die natürliche Fortsetzung von
Sibirien und der Mandschurei und muß diesen angegliedert werden,
wenn Rußland am Stillen Ozean sich behaupten will; denn der
Besitz Koreas seitens Japans würde diesem Staate die unbedingte
Sperrung der Korea-Straße, des einzigen Seeverbindungsweges
zwischen den russischen Kriegshäfen Port Arthur und Wladiwostok,
ermöglichen und damit Japan das ersehnte Übergewicht ander
Korea-Straße geben. Als daher Rußland die Mandschurei besetzt
hatte und nun auch seine Hand nach Korea ausstreckte, verlangte
Japan _ die Räumung der Mandschurei und die Anerkennung der
Integrität Koreas. Nachdem beide Mächte lange vergeblich mit¬
einander verhandelt hatten, stellte Japan am 13. Januar 1904
Rußland ein Ultimatum; doch hatte seine Note drei Wochen später
noch keine Beantwortung gefunden. Diesen Vorgang faßte Japan
als Beleidigung auf und sah sich daher veranlaßt, am 6. Februar
durch seinen Vertreter am Petersburger Hos der russischen Regierung
eine Note zu überreichen, in der es seinen Entschluß, weitere Ver¬
handlungen einzustellen, erklärte und zugleich mitteilte, daß es
seinen Gesandten aus der russischen Hauptstadt abberufe. Rußland
beantwortete dies Vorgehen damit, daß es auch seinerseits die
diplomatischen Beziehungen zu Japan abbrach und seinen Gesandten
in Tokio zurückrief. Schon in der Nacht vom 8. zum 9. Februar
erfolgte, obwohl die Kriegserklärung erst später geschah, die erste
feindselige Kundgebung.