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Gefahr reisen sönne. In ernster Sorge um seine Gemahlin schob der König
nun auch feine Reise nach Rheinsberg auf, um ihre, wie er hoffte, baldige Ge¬
nesung abzuwarten. Abends litt die Königin wieder ein Brustbeklemmungen
und äußerte großes Verlangen nach einem Aderlaß. Ter Arzt vertröstete sie
auf den andern Tag. Als dann (Sonntag den 1. Juli) der gewünschte Ader¬
laß in Gegenwart ihrer Schwester Friederike und einer Kammerfrau vorge¬
nommen wurde, fiel sie dabei in Ohnmacht, erholte sich indes bald wieder und
fühlte sich erleichtert. Auch am nächsten Tage (2. Juli) ging es ihr anscheinend
besser, so daß der König, von dringenden Staatsgeschäften nach Berlin zurück¬
gerufen, mit 3. Juli über Rheinsberg dahin abreiste. Er versprach in wenigen
Tagen wieder zu kommen und dann seine Gemahlin selbst abzuholen. Ter
König ebensowenig wie alle, welche um die Königin waren, konnten ahnen,
daß er sie erst in der Todesstunde wiedersehen sollte. —-
Wirklich schien die Krankheit sich im Laufe dieser Woche zu lindern: die
Königin fieberte und hustete minder heftig. Nur fühlte sie sich ungewöhnlich
matt, sie wurde mehrmals beim Aufstehen oder Wechseln des Lagers ohnmächtig.
Ihre Zimmer auf Hohen-Zieritz gingen nach Süden hinaus: die Sonnenseite
war ihr erst sehr angenehm, wurde ihr aber bei der drückenden Wärme lästig.
Ter Herzog bot ihr daher seine Gemächer im untern Stock an. Sie ließ sich
sogleich hinuntertragen: in der Eile konnten Die Betten nicht erst gewechselt
werden, und so suchte sie auf dem Lager ihres Vaters die Ruhe, die sie nur
im Tode finden sollte. — Am elften oder zwölften Tage ihrer Krankheit stellte
sich ein starker, aber leichter Auswurf ein. Ter Arzt sah darin ein Kennzeichen
des hitzigen Brustfiebers, von dem sie befallen war.
Unterdessen war der König in Charlottenburg gleichfalls erkrankt und
konnte noch nicht kommen. Er schickte als den Stellvertreter des eben nach
Holland berufenen Leibarztes Hufeland den berühmten alten Dr. Heim aus
Berlin nach Hohen-Zieritz, um Seiner Majestät Kunde von dem Befinden der
Königin zu bringen. Heim hielt ebenso wie Hieronymi die Kranke für ge¬
rettet, wenn außer dem schon geöffneten Lungengeschwüre nicht noch mehrere Vor¬
handen wären; jedenfalls aber müsse sie künftig eben so schonend mit ihrer
Gesundheit umgehen, als sie bisher sorglos darüber gewesen sei. Heim reiste
nach Berlin zurück, während Hieronymi fortfuhr, dem König Tag vor Tag über
den Gang der Krankheit der Königin zu berichten.
Es betrübte sie: „ihren Mann in Ehnrlottenburg krank zu wissen, und daß
sie nicht bei ihm sei, um ihn zu warten, was sie so gern thäte. Es sei doch
eine traurige Schickung, daß sie beide zu gleicher Zeit hätten erkranken müssen."
Sie sprach öfter von der Möglichkeit, sich nach Charlottenburg bringen zu
lassen. Ein Brief, den ihr der König schrieb, rührte sie so innig, daß sie das
Blatt auf ihr Herz legte. Sie wollte sich nicht davon trennen, um es in jedem
Augenblick der Ruhe von neuem zu lesen. „Ach, welch ein Brief!" sagte sie
mehrmals. „Wie glücklich ist doch, wer solche Briefe empfängt!" — In diese